Verkehrssicherungspflicht: Jeder Vermieter sollte daran denken!

Das Wort Verkehrssicherungspflicht ist so ziemlich jedem Bürger schon einmal begegnet. Im Bürgerlichen Gesetzbuch werden Sie den Begriff vergeblich suchen, er wurde von der Rechtsprechung entwickelt und besagt:

Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, hat die Pflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen (Sicherungsmaßnah-men) zu treffen, um Schäden anderer zu verhindern.

Sie besteht für Vermieter in und auf dem Grundstück

Zugänge zu Haus, Hof, Garagen und Mülltonnen müssen gefahrlos benutzt werden können.

Beispiele: Schnee- und Eisbeseitigung, Stolperfallen durch Baumwur-zeln oder unebene Pflastersteine, unbeleuchtete Treppen und Wege, Spielplätze, morsche Bäume, ungesicherte Blumentöpfe auf Balkonen, lose Dachziegel.

Innerhalb des Gebäudes. Zu nennen sind hier die gemeinschaftlich genutzten Flächen und auch die vermieteten Räumlichkeiten.

Beispiele: Treppenaufgänge und Flure, Geländer, Aufzüge, Heizungs-anlagen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, automatisch schließende Tore.

Vermieter sind zur Überwachung verpflichtet

Die wichtigste Maßnahme besteht in der regelmäßigen Begehung und Besichtigung der Immobilie. Erhalten Sie Hinweise von Ihren Mietern, müssen Sie diesen nachgehen. Ist eine sofortige Schadensbeseitigung nicht möglich, ist die Gefahrenstelle abzusperren oder mit Hinweis-schildern davor zu warnen.

Die Gerichte stellen hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Vermieters. Sofern Sie nicht nachweisen können, dass Sie oder ein Vertreter regelmäßige Kontrollen durchgeführt haben oder einem Hinweis nicht nachgegangen sind, liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, wenn Dritte eine Verletzung erleiden.

Tipp: Protokollieren Sie die Begehungen und halten Sie den Ist-Zustand fest. So können Sie im Schadensfall die Einhaltung der Ver-kehrssicherungspflicht nachweisen und Sie erhalten nebenbei einen guten Überblick über den Zustand des Gebäudes.

 

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Sie dürfen die Verkehrssicherungspflicht übertragen

Sie müssen die Verkehrssicherungspflicht nicht selbst durchführen. Sie können auch fremde Personen – Hausmeister, Verwaltung, Mieter oder Fachfirmen – mit der Aufgabe betrauen. Wichtig hierbei ist, dass Sie eine eindeutige vertragliche Vereinbarung treffen. Darin muss geregelt sein, welche Pflichten konkret übernommen werden.

Hausmeister: Gut geführte Hausmeisterdienste sind auf regelmäßige Begehungen eingestellt und können mit Ihnen erarbeiten, welche Einrichtungen regelmäßig in und um Ihre Immobilie kontrolliert werden müssen.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Auch wenn Sie fremde Personen mit einigen Aufgaben betraut haben, Sie sind nicht voll aus der Verantwortung entlassen. Sie müssen die Hilfspersonen sorgfältig auswählen und Sie müssen auch weiterhin stichprobenartig kontrollieren, ob die Pflichten auch tatsächlich auf Dauer ordnungsgemäß erfüllt werden.

Sie haften nicht für jeden Schaden

Es ist lebensfremd, von Vermietern ein Verhalten zu verlangen, dass jede Gefahr ausschließt. Schon der BGH stellte in seinem Urteil aus dem Jahr 2005 klar:

Ein Verkehrssicherungspflichtiger muss nur solche Gefahrenquellen be-seitigen bzw. vor ihnen warnen, die von den Verkehrsteilnehmern trotz gebotener Eigensorgfalt nicht ohne weiteres erkennbar sind oder auf die sie sich nicht ohne weiteres einstellen könnten. Art und Umfang der Ver-kehrssicherungspflicht bestimmten sich nicht nur nach der Intensität der Gefahr, sondern auch nach den Sicherheitserwartungen des Verkehrs. (BGH, Az.: VI ZR 189/08)

Als Richtschnur die wichtigsten Urteile

Bäume

Bäume sind ein bis zweimal jährlich einer Sichtprüfung auf Standfestigkeit und die Gefahr von Astabbruch zu unterziehen. Erkannte Gefahren sind zu beseitigen. (OLG Düsseldorf, Az.: I-9 U 38/13)

Beleuchtung

Wege und Treppen im Haus und um das Haus herum sind ausreichend hell und lange zu beleuchten, um ein sicheres Gehen zu gewährleisten. Leuchtet die Treppenhausbeleuchtung nach Betätigen des Schalters jeweils nur für 20 Sekunden, verletzt der Hauseigentümer (Vermieter) seine Verkehrssicherungspflicht. (OLG Koblenz, Az.: 5 U 324/95)

Elektroinstallationen in den Wohnungen

Der Vermieter von Wohnräumen ist nicht verpflichtet, ohne besonderen Anlass eine regelmäßige Generalinspektion der Elektroleitungen und Elektrogeräte in den Mietwohnungen vorzunehmen. (BGH, Az.: VIII ZR 321/07)

Öfen in der Wohnung

Der Vermieter ist nicht verpflichtet, in der Mietwohnung befindliche ordnungsgemäß installierte Kohleöfen bzw. deren Wandanschlüsse ohne besonderen Anlass auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. (BGH, Az.: VIII ZR 310/10)

Schneefanggitter

In schneearmen Gebieten besteht im Allgemeinen keine Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern auf Dächern. Der Vermieter braucht nicht durch Sperrungen oder Warnschilder auf die allgemeine Gefahr von Dachlawinen hinzuweisen. (OLG Düsseldorf, Az.: I-10 U 18/13)

Hat sich bereits ein Schneeüberhang gebildet und besteht somit eine konkrete und erkennbare Gefahr, ist der Vermieter zur Durchführung zumutbarer Maßnahmen (hier: Abtragen des Überhangs von einer da-runterliegenden Wohnung aus) verpflichtet. (AG Aachen, Az.: 100 C 200/12)

Spielplatz

Zur Erkennung offensichtlicher Gefahrenquellen sowie der Folgen von Vandalismus, Benutzung oder Witterungseinflüssen sind visuelle Routineinspektionen durchzuführen. Der Anzahl der Kontrollgänge richtet sich dabei nach dem Gefahrenstand und der Frequentierung der Spielplatzanlage, hat jedoch mindestens einmal wöchentlich zu erfolgen. Der Kontrollnachweis ist mit Datum und Uhrzeit schriftlich zu dokumentieren. (LG Detmold, Az.: 12 O 227/18)

Das Spielgelände ist von Glasscherben und anderen verletzungsträchtigen Gegenständen freizuhalten. In der Umgebung der Spielgeräte ist das Gras kurz zu halten, damit eventuelle Glasscherben erkannt werden können. (OLG Hamm, Az.: 9 U 76/89)

Treppen/Treppenhaus

Treppen müssen ausreichend breit und mit einem stabilen Handlauf versehen sein. Auf gute Beleuchtung ist zu achten. (OLG Köln, Az.: 11 U 41/00)

Stürzt der Geschädigte im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses und fällt mit dem Arm in eine aus gewöhnlichem Fensterglas bestehende Verglasung der Treppenhausaußenwand, ist der Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet. Hier hatten baurechtliche Vorschriften besondere Sicherheitsvorkehrungen geboten. (BGH, Az.: VI ZR 233/93)

Der Verkehrssicherungspflichtige ist gehalten, bei der Reinigung von Treppen im Treppenhaus die Wahl des Pflegemittels dem Belag anzupassen, auf sorgfältige Verteilung des Mittels auch sonst darauf zu achten, dass keine übermäßige Glätte durch die Bodenpflege auftritt. (BGH, Az.: VI ZR 271/92)

Treppen müssen sich in einem verkehrssicheren Zustand befinden. Bei einer sehr schadhaften Treppe (hier: Kelleraußentreppe) haftet der Vermieter, auch wenn die Mangelhaftigkeit klar erkennbar und den Mietern bekannt ist. (LG Potsdam, Az.: 11 S 190/03)

Türen/Tore

Am Rolltor zu Tiefgarage eines Mehrparteienhauses ist kein Warnschild erforderlich, wenn das Tor nach 3 Minuten automatisch schließt. Grund ist der „beschränkte Verkehr“. Die Garage diente nur den Bewohnern. (LG Köln, Az.: 29 S 57/11)

Der Vermieter einer Wohnung verstößt nicht gegen die Verkehrssicherungspflicht, wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen Zimmertüren der Wohnung, die insoweit baurechtlichen Vorschriften entsprechen, bei einer Vermietung an eine Familie mit Kleinkindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt. (BGH, Az.: VI ZR 189/03)

Wasserinstallationen

Die Warmwasseraufbereitungsanlage in einem Mehrfamilienhaus muss den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprechen und regelmäßig gewartet und auf Legionellen untersucht werden. (BGH, Az.: VIII ZR 161/14)

Winterdienst

Die winterliche Räum- und Streupflicht des Vermieters ist regelmäßig auf die Zeit zwischen dem Beginn des allgemeinen Verkehrs am Morgen und dessen Ende am Abend beschränkt. Im Allgemeinen ist das die Zeit von 7 bis 20 Uhr. Gemeindliche Satzungen sind zu beachten. Bei einem Sturz nach dem zeitlichen Ende der Räum- und Streupflicht besteht keine Schadensersatzpflicht. (OLG Koblenz, Az.: 5 U 101/08)

Der Gehweg muss von Schnee geräumt werden, jedoch nicht auf der gesamten Breite. Ein Streifen von 1 bis 1,20 m ist ausreichend. (BGH, Az.: VIII ZR 8/03)

Streut der Mieter mit ungeeignetem Streumittel (hier Holzspäne), haftet er beim Sturz eines Passanten. Ist dem Vermieter das Streuen des Mieters mit Hobelspänen bekannt, haftet auch er, wenn er nicht auf das Streuen mit geeigneten Mitteln hinwirkt. (OLG Hamm, Az.: 6 U 92/12)

Zugänge/Zufahrten

Der Mieter hat keinen Anspruch darauf, dass die Zufahrtsflächen zu Garage keinerlei Unebenheiten aufweisen. Der Vermieter haftet nicht, wenn der Mieter sich aufgrund des Gesamteindrucks der Bodenbeschaffenheit der Garageneinfahrt darauf einstellen konnte, dass versandete und unebene Stellen vorhanden sind und vorsichtiger betreten werden müssen. (AG Coesfeld, Az.: 11 C 169/15)

Eine Reinigungskraft muss bei feuchter Reinigung des Bodens nicht sofort trocken nachwischen und die gereinigten Flächen nicht als nass bezeichnen. (OLG Düsseldorf, Az.: 24 U 155/14)

Die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht

Der Abschluss einer Grund- und Hausbesitzerhaftpflicht ist keine Pflicht, wenn Sie nachts jedoch ruhig schlafen möchten ist der Abschluss ein MUSS für alle, die ihr Haus vermietet haben oder die ein unbebautes Grundstück besitzen. Sie schützt vor Schadenersatzansprüchen bei fahrlässiger Verletzung der Versicherungspflicht.

Urteile

Urteil BGH - Mietminderung wegen eines neu angelegten Bolzplatzes

"Bolzlärm kein Mietminderungsgrund" schallte es aus der Presse, doch ganz so einfach ist es nicht! Der Bundesgerichtshof hat eine Grundsatzentscheidung zu der Frage getroffen, unter welchen Voraussetzungen der Mieter einer Wohnung wegen sogenannter Umweltmängel - hier Lärmbelästigungen von einem Nachbargrundstück - die Miete mindern darf und wie dabei Kinderlärm - nicht der Lärm von Jugendlichen oder Heranwachsenden - zu berücksichtigen ist.

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