Die Erbengemeinschaft als Vermieter

alter friedhofLaut Statistischem Bundesamt wurden 2019 Vermögen im Wert von 39 Milliarden Euro steuerpflichtig vererbt oder schon vor dem Tod an die Nachkommen steuerpflichtig verschenkt. Darunter viele Immobilien. Bild von Albrecht Fietz auf Pixabay

Hinterlässt der Erblasser eine vermietete Immobilie, stehen die Erben einer Erbengemeinschaft oft vor einer Herausforderung. Sie müssen sich darüber klar werden, in welcher rechtlichen Position sie sich befinden und welche Rechte und Pflichten mit ihrer Rechtsstellung als Eigentümer einer vermieteten Wohnung einhergehen.

Welche Konsequenzen hat der Erbfall auf ein bestehendes Mietverhältnis?

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es ändert sich nichts. Das Mietverhältnis wird auch nach Eintritt des Erbfalls fortgeführt. Denn: Mit Eintritt des Erbfalls geht das gesamte Vermögen und sämtliche damit verbundenen Rechte und Pflichten des Erblassers insgesamt auf den oder die Erben über. Ist der Erbe Alleinerbe, ist offensichtlich, dass er die Person des Erblassers faktisch ersetzt. Gibt es mehrere Erben, bilden diese eine Erbengemeinschaft. In der Erbengemeinschaft entscheiden alle Miterben gemeinsam. Nur in Ausnahmefällen kommen Mehrheitsentscheidungen in Betracht.

Das Vermögen geht automatisch von Gesetzes wegen auf die Erben über. Irgendwelche Erwerbsakte, wie die Übertragung von Sachen, die Abtretung von Forderungen oder die ausdrückliche Übernahme von Rechten oder Pflichten sind nicht erforderlich.

Die Konsequenz ist, dass auch der Mietvertrag auf die Erbengemeinschaft übergeht. Der Mietvertrag erlischt keineswegs mit dem Tod des Erblassers als Vermieter der Wohnung. Das Mietverhältnis besteht fort. Der Erbengemeinschaft übernimmt sämtliche mit dem Mietvertrag bestehenden Rechte und Pflichten des Erblassers als Vermieter. Die Erbengemeinschaft wird damit neuer Vermieter des Mieters. Sie tritt in den Mietvertrag ein.

Die Vorschriften der §§ 563 ff BGB (Wechsel der Vertragsparteien) betreffen lediglich die Situation, dass der Mieter verstirbt und sein Ehegatte oder ein Haushaltsangehöriger das Mietverhältnis mit dem Vermieter fortsetzen möchte. Für den Fall, dass der Vermieter verstirbt, enthält das Mietrecht keine eigenständige Regelung. Vielmehr gelten die allgemeinen Grundsätze des Erbrechts.

Wie ist das Verhältnis der Erbengemeinschaft zu einem bestehenden Mietverhältnis?

Dadurch, dass die Erbengemeinschaft in das bestehende Mietverhältnis mit dem Mieter eintritt, ändert sich für den Mieter selbst überhaupt nichts. Er hat lediglich die Erbengemeinschaft als neuen Ansprechpartner. Die Erbengemeinschaft muss das Mietverhältnis so fortführen, wie es zum Zeitpunkt des Erbfalls besteht.

Mieterhöhung: Will die Erbengemeinschaft die Miete erhöhen, muss sie die dafür im Mietrecht maßgeblichen Voraussetzungen berücksichtigen. Die Details regeln §§ 557 ff BGB.

Kündigung: Die Kündigung des Mietverhältnisses kommt nur unter den Voraussetzungen des § 573 BGB (ordentliche Kündigung) oder § 569 BGB (außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund) in Betracht. Die Erbengemeinschaft hat also keine Möglichkeit, allein im Hinblick darauf, dass der Erblasser als Vermieter verstorben ist, das Mietverhältnis abzuändern. Da die Erbengemeinschaft das bestehende Mietverhältnis übernimmt, so wie es ist, muss sie sich genauso verhalten, wie sich der Erblasser als früherer Vermieter hätte verhalten müssen.

Modernisierung: Will die Erbengemeinschaft die Immobilie modernisieren und die Miete erhöhen, muss sie die Voraussetzungen des § 559 BGB berücksichtigen.


banner klein hausNicht immer herrscht unter Erben „Friede, Freude, Eierkuchen“, regelmäßig werden handfeste Konflikte ausgetragen. Ein zusätzliches Konfliktpotenzial entsteht dann, wenn ein Wohnungseigentümer verstirbt und eine Erbengemeinschaft aus mehreren Miterben die Rechtsnachfolge des Wohnungseigentümers antritt. Oft genug steht irgendwann das Thema Auflösung der Erbengemeinschaft auf der Tagesordnung.

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Was ist beim Abschluss eines neuen Mietvertrages zu beachten?

War die Immobilie bislang nicht vermietet oder hat die Erbengemeinschaft ein bestehendes Mietverhältnis in gesetzlich korrekter Art und Weise gekündigt und möchte nun einen neuen Mietvertrag abschließen, sind eine Reihe von Aspekten zu beachten.

Beispiel

A, B und C beerben ihren Vater. Zum Nachlass gehört das Familienwohnhaus. Da B und C sich um nichts kümmern, vermietet A das Haus an D. Der Mietvertrag ist auf fünf Jahre befristet. Als Vermieter im Mietvertrag ist die „Erbengemeinschaft Martha Müller, vertreten durch A“ bezeichnet. Nach einem Jahr möchte D das Mietverhältnis vorzeitig kündigen. A verweist D darauf, dass das Mietverhältnis befristet ist und eine vorzeitige Kündigung deshalb nicht in Betracht kommt.

Mietvertrag ist wirksam: Auch wenn die Miterben B und C nicht im Mietvertrag bezeichnet sind, konnte A in Vertretung für B und C den Mietvertrag wirksam abschließen.

Problem Schriftform: Der befristete Mietvertrag genügt jedoch nicht dem Schriftformerfordernis. Nach § 550 BGB ist ein Mietvertrag, der für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, schriftlich abzuschließen. Mit der Schriftform verfolgt das Gesetz den Zweck, dass der Mieter über alle wichtigen Vertragsdetails informiert werden soll. Wird im Mietvertrag aber nur einer von mehreren Miterben bezeichnet, weiß der Mieter nicht, wer genau Vermieter ist. Die Konsequenz ist, dass das Mietverhältnis als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Deshalb kann es vom Mieter bereits vor Ablauf der zeitlichen Befristung von fünf Jahren unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt werden.

 

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Was sind Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung?

Möchte Miterbe A in Vertretung für die Erbengemeinschaft das Mietverhältnis mit dem Mieter kündigen, bestimmt § 2040 BGB, dass die Erben nur gemeinschaftlich über die Wohnung verfügen können. A wäre insoweit auf die Zustimmung von B und C angewiesen. Eine Ausnahme besteht immer dann, wenn es sich bei einer Maßnahme um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt. Zur gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses gehören alle Maßregeln, die der Immobilie zugutekommen (§ 2038 BGB).

Beispiel Sanierung

A und B erben das Familienwohnhaus des Vaters. A bewohnt das Haus und lässt das Badezimmer, dessen sanitäre Anlagen zwar veraltet, aber nach wie vor funktionsfähig sind, fachgerecht und seinem Geschmack entsprechend renovieren. A will die Kosten aus dem Nachlass bezahlen. In diesem Fall darf B seine Zustimmung verweigern. Maßnahmen, die das persönliche Wohlbefinden fördern oder Luxussanierungen sind keine Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. So stellt auch der Austausch einer noch funktionstüchtigen Sanitäranlage keine derartige Maßnahme dar. A muss den Kostenaufwand aus eigener Tasche bezahlen.

Beispiel Kündigung

A möchte wegen des Zahlungsverzugs des Mieters ein bestehendes Mietverhältnis als Miterbe in Vertretung der Erbengemeinschaft kündigen. Da die Kündigung wegen des Zahlungsverzugs eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung darstellt, kann A die Kündigung aussprechen, wenn die Entscheidung mehrheitlich getroffen wird. A könnte das Mietverhältnis also kündigen, wenn wenigstens einer der Miterben zustimmt. Auf die Zustimmung oder Ablehnung des dritten Miterben käme es insoweit nicht an. Ist ein Miterbe der Meinung, dass es sich bei einer Maßnahme nicht um eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung handelt und verweigert er seine Zustimmung, kann er bei Gericht beantragen, die Maßnahme zu unterbinden.

Fazit

In Erbengemeinschaften sind die Miterben aufeinander angewiesen. Um potentielle Streitigkeiten möglichst zu vermeiden, sollten Entscheidungen in gegenseitiger Absprache getroffen werden. Einseitige Entscheidungen empfinden andere Miterben oft als Willkür oder provokante Benachteiligung. Gerade, wenn es um die Verwaltung oder das Schicksal von Immobilien geht, blockieren einzelne Miterben oft die Abwicklung des gesamten Nachlasses.

Autor: Dr. Stephan Seitz. Weitere Information zum Thema Erbengemeinschaften finden sie auf der Homepage www.ratgeber-erbengemeinschaft.de/erbengemeinschaft.

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Im Zuge eines Scheidungsverfahrens beauftragte ein Partner einen Gutachter mit der Wertermittlung einer Immobilie, die Kosten wollte er von der Steuer absetzen. Beim hessischen Finanzgericht biß er damit auf Granit (13 K 985/13). Der andere Partner hat nur Anspruch auf Vorlage der nötigen Unterlagen zur Wertermittlung, sodass Gutachterkosten nicht zwangsläufig anfallen.