Der Fall (BGH, Az. VIII ZR 81/19) betrifft die Mieterhöhung nach umfassenden Modernisierungsmaßnahmen an einer Mietwohnung. Die Vermieter hatten 60 Jahre alte Bauteile (wie Türen, Fenster und Briefkastenanlage) ausgetauscht und eine Heizungsumstellung auf Fernwärme durchgeführt, ohne einen Abzug für Instandhaltungsanteile vorzunehmen, da die Bauteile noch funktionsfähig waren. Die Mieterin klagte dagegen, weil sie die Kostenaufteilung als unangemessen empfand.
Tenor des Urteils: Der Bundesgerichtshof entschied, dass bei Modernisierungsmaßnahmen ein Abzug für Instandhaltungsanteile erfolgen muss, wenn alte, aber noch funktionstüchtige Bauteile ersetzt werden. Auch wenn diese Bauteile keinen unmittelbaren Mangel aufwiesen, so müsse doch der Vermieter anteilig die ersparten Instandhaltungskosten berücksichtigen und diese vom Modernisierungsaufwand abziehen. Hierdurch sollen Mieter vor unverhältnismäßigen Erhöhungen geschützt werden, die durch bloßen Ersatz abgenutzter, aber noch gebrauchsfähiger Bauteile entstehen könnten.
Was ist der Unterschied zwischen einer Modernisierungs- und einer Instandhaltungsmaßnahme?
Modernisierungsmaßnahmen sind bauliche Veränderungen, die die Wohnung oder das Gebäude verbessern, indem sie den Wohnwert erhöhen, Energie sparen oder die allgemeinen Wohnverhältnisse verbessern, zum Beispiel durch Wärmedämmung oder den Einbau einer neuen Heizung.
Instandhaltungsmaßnahmen hingegen dienen dazu, den bestehenden Zustand der Wohnung zu erhalten oder Mängel zu beheben. Sie stellen die Funktionalität wieder her, ohne eine Verbesserung des Wohnwerts, wie zum Beispiel die Reparatur eines kaputten Fensters oder das Streichen abgeblätterter Wände.
Weitere interessante Aspekte des BGH-Urteils
- Teilwirksamkeit von Mieterhöhungserklärungen
Der BGH entschied, dass eine Mieterhöhungserklärung in Bezug auf trennbare Baumaßnahmen auch dann teilweise gültig bleiben kann, wenn bestimmte Teile unzureichend begründet sind. Dies bedeutet, dass der Vermieter berechtigt ist, für einige Maßnahmen die Mieterhöhung anzusetzen, während andere Maßnahmen aufgrund formaler Mängel der Begründung nicht gültig sein könnten. - Darlegungs- und Beweislast:
Der Vermieter trägt die Verantwortung, nachzuweisen, dass es sich bei den baulichen Veränderungen um Modernisierungs- und nicht lediglich um Erhaltungsmaßnahmen handelt. - Die Entscheidung des BGH in Bezug auf Modernisierungskosten und die Notwendigkeit, Instandhaltungsanteile abzuziehen, beeinflusst Modernisierungsmaßnahmen und die Anwendung des § 555 BGB in mehreren wichtigen Bereichen:
- Abbgrenzung von Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen (§ 555b BGB)
Vermieter, die geplante Modernisierungsmaßnahmen durchführen möchten, müssen sorgfältig abwägen, ob die Maßnahmen wirklich den Gebrauchswert der Mietsache verbessern, Energie einsparen oder die allgemeinen Wohnverhältnisse verbessern. Eine reine Erneuerung oder Instandsetzung, die lediglich den aktuellen Zustand erhält, fällt nicht unter die Modernisierungsmaßnahmen und darf somit nicht zur Mietsteigerung führen. Die BGH-Entscheidung erfordert bei Maßnahmen, die bereits über einen Großteil ihrer Lebensdauer hinaus genutzt wurden, einen „fiktiven“ Abzug der Instandhaltungskosten. - Verhältnismäßigkeit und Pflicht zur Ankündigung (§ 555c Abs. 3 BGB)
Die geplanten Maßnahmen müssen transparent angekündigt und begründet werden, insbesondere in Bezug auf den Kostenanteil, der als Modernisierungskosten und nicht als Erhaltungsaufwand gilt. Dies bedeutet, dass Vermieter eine plausible und detaillierte Aufschlüsselung liefern müssen, wie viel Prozent der Gesamtkosten tatsächlich zu einer nachhaltigen Verbesserung führen. - Berücksichtigung von Mieterbelangen und Einwänden (§ 555d Abs. 4 und 5 BGB)
Mieter können der Modernisierung widersprechen, wenn die Maßnahmen zu einer unzumutbaren Härte führen oder die Kostenverteilung unangemessen ist. Die aktuelle BGH-Rechtsprechung stärkt Mieter in diesem Punkt, indem Vermieter belastbar darlegen müssen, dass tatsächlich eine Verbesserung und nicht nur ein Erhaltungsaufwand anfällt. Vermieter sollten die wirtschaftliche Belastung für Mieter und die Mieterhöhung auf Basis der Modernisierungskosten genau prüfen, um Härtefälle zu vermeiden.
Fazit: Diese BGH-Entscheidung hat zur Folge, dass Vermieter bei Modernisierungsmaßnahmen, die sich auch als Instandhaltungskosten deuten lassen, in einer deutlich transparenteren und sorgfältigeren Planung agieren müssen. Es wird erwartet, dass zukünftige Modernisierungsankündigungen klar zwischen Modernisierungs- und Erhaltungsaufwand unterscheiden und insbesondere keine unrechtmäßigen oder fiktiven Kosten auf die Mieter umgelegt werden.
Was tun, wenn der Vermieter Modernisierungen ankündigt?
Um als Mieter oder Mieterin gut vorbereitet zu sein, wenn der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen ankündigt, sollten Sie möglichst folgende Punkte vor Beginn der Arbeiten festhalten:
- Detaillierte Ankündigung prüfen: Fordern Sie eine schriftliche und detaillierte Beschreibung der geplanten Maßnahmen vom Vermieter an, um zu klären, welche Arbeiten tatsächlich Modernisierung und welche Instandhaltung betreffen.
- Kostenaufteilung hinterfragen: Verlangen Sie eine Aufschlüsselung der Kosten in Modernisierungs- und Instandhaltungskosten, da nur die Modernisierungskosten in der Regel auf die Miete umgelegt werden dürfen.
- Energieeinsparung und Wohnwertsteigerung: Klären Sie, ob und in welchem Umfang die Maßnahmen zu Energieeinsparungen oder einer tatsächlichen Wohnwertsteigerung führen, da dies für die Umlage auf die Miete entscheidend ist.
- Fiktiven Instandhaltungsanteil erfragen: Fragen Sie, ob der Vermieter einen Abzug für die Instandhaltung bei veralteten, aber funktionierenden Bauteilen (z. B. alten Fenstern) vorgenommen hat, wie es das BGH-Urteil fordert.
- Zeitraum und Härtefallprüfung: Erkundigen Sie sich nach der geplanten Dauer der Arbeiten und prüfen Sie, ob ein Härtefall geltend gemacht werden könnte, falls die Arbeiten erheblichen Lärm oder Einschränkungen verursachen.
- Rechtsberatung in Anspruch nehmen: Überlegen Sie, sich rechtlich beraten zu lassen, um die Mieterhöhung oder Umlage genau zu prüfen und Ihre Rechte zu wahren.
- Schriftliche Dokumentation führen: Führen Sie eine Dokumentation, einschließlich sämtlicher Schriftwechsel und Ankündigungen, um später klare Nachweise zu haben, falls es zu Unstimmigkeiten kommt.
Diese Schritte helfen, Transparenz zu schaffen und zu klären, in welchem Umfang Kosten gerechtfertigt auf die Miete umgelegt werden können.
Was tun, wenn der Vermieter sich nicht an die Regeln hält?
Wenn der Vermieter mit der Modernisierung beginnt, ohne die erforderlichen Regeln einzuhalten, können Mieter folgende Schritte unternehmen:
- Schriftliche Aufforderung: Fordern Sie den Vermieter schriftlich auf, die Arbeiten zu unterbrechen, bis eine ordnungsgemäße Ankündigung und Kostenauskunft vorliegt. Verweisen Sie dabei auf Ihr Recht, die Maßnahmen genau prüfen zu können.
- Einstweilige Verfügung: Wenn die Arbeiten weiterhin ohne Zustimmung oder Ankündigung durchgeführt werden, können Sie beim Amtsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen, um den Baustopp zu erzwingen.
- Mietminderung prüfen: Falls die Arbeiten erhebliche Beeinträchtigungen verursachen (z. B. Lärm, Schmutz), könnten Sie das Recht auf Mietminderung haben. Eine rechtliche Beratung kann hier klären, in welcher Höhe eine Mietminderung gerechtfertigt ist.
- Rechtsberatung in Anspruch nehmen: Konsultieren Sie einen Mieterverein oder einen Anwalt, um Ihre rechtliche Situation zu klären und zu prüfen, ob die geplante Mieterhöhung gerechtfertigt ist. Dies ist besonders ratsam, wenn es Unklarheiten über die Abgrenzung von Modernisierung und Instandhaltung gibt.
- Schadensersatzansprüche prüfen: Falls durch die unerlaubten Baumaßnahmen Schäden oder Mehrkosten entstehen (z. B. Umzugskosten), könnte ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen.
- Dokumentation der Beeinträchtigungen: Dokumentieren Sie alle Beeinträchtigungen und Lärmbelästigungen genau, einschließlich Datum, Uhrzeit und Art der Störung, um im Streitfall klare Belege zu haben.
- Härtefall geltend machen: Wenn die Maßnahmen für Sie unzumutbare Härten darstellen (z. B. gesundheitliche Gründe oder finanzielle Belastung), können Sie eine Härtefallregelung nach § 555d Abs. 2 BGB anführen, um die Modernisierung abzulehnen oder den Umfang zu verringern.
Ein letzter Punkt, der hilfreich sein könnte, ist die Zusammenstellung eines Zeitplans für den Fall, dass die Modernisierung trotz Ihrer Bedenken doch stattfindet. Darin könnten Sie alle wichtigen Termine wie Ankündigungen, die Dauer der Arbeiten und Ihre Rückmeldungen notieren. So behalten Sie im Blick, ob der Vermieter die gesetzlichen Fristen eingehalten hat und ob es Verzögerungen oder unzumutbare Störungen gab.
Diese Maßnahmen helfen, rechtliche Schritte einzuleiten und den Vermieter zu einer ordnungsgemäßen Durchführung der Modernisierungen zu verpflichten.