Baustelle in der Nachbarschaft? Mietminderung kaum mehr möglich!

Anhaltender Lärm und Schmutz aufgrund von Bauarbeiten in der Nachbarschaft mindert die Wohnqualität. Viele Amtsgerichte standen betroffenen Mietern in solchen Fällen automatisch eine Mietminderung zu. So geht es nicht, urteilte der Bundesgerichtshof (29. April 2020, Az.: VIII ZR 31/18).

Die Miete berechtigterweise zu mindern, setzt einen erheblichen Mangel voraus und der muss im Einzelfall geprüft werden. Nicht belegte, typische Baustellenimmissionen einfach als gegeben anzusehen und die Miete um einen standardisierten Prozentsatz zu mindern, genügt nicht.

Der Mieter muss die wesentliche Beeinträchtigung beweisen

Macht der Mieter aufgrund von Baulärm oder -schmutz in der Nachbarschaft eine Mietminderung geltend, muss er beweisen, dass die von ihm angemietete Wohnung dadurch in ihrer Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtigt ist und dass es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung der Wohnqualität handelt.

Hier hilft oft nur ein Lärmprotokoll

Der Mieter muss darlegen, dass er durch den Lärm und Staub wesentlich beeinträchtigt wird. Die auftretende Belastung muss hinreichend genau beschrieben werden. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen benötigt das Gericht Angaben über die Art der Beeinträchtigungen und wann, wie lange und in welcher Frequenz sie auftreten.

Für die Beweisführung hilft betroffenen Mietern daher oft ein Lärmprotokoll mit folgendem Inhalt:

  • Datum der Störung,
  • Beginn (Uhrzeit) und Ende (Uhrzeit),
  • Verursacher,
  • Art der Störung,
  • Auswirkungen auf die Wohnqualität,
  • Zeugen, Beweismittel

Kann der Vermieter nichts gegen Dreck und Lärm unternehmen, steht dem Mieter keine Mietminderung zu

Selbst wenn ein Mieter glaubhaft darlegen kann, dass durch die Bautätigkeit in der Nachbarschaft seine Wohnqualität wesentlich beeinträchtigt wird, kann er leer ausgehen. Denn, stehen dem Vermieter gegen den Verursacher keine Abwehr- oder Entschädigungsansprüche zu, muss er die Mietminderung seines Mieters nicht hinnehmen. Mieter können in dieser Hinsicht grundsätzlich vom Vermieter nicht mehr verlangen, als dem selbst zusteht, so die BGH-Richter.

Abwehr und Entschädigungsansprüche prüfen

Vermieter sollten sich jedoch nicht einfach zurücklehnen und die Bautätigkeit in der Nachbarschaft gelassen zur Kenntnis nehmen. Kommt es zum Streit, müssen sie ebenfalls darlegen bzw. beweisen, dass ihnen keine Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gegen den eigentlichen Verursacher zustehen. Genauer: Auch der Vermieter kann gegen die Lärm- und Staubimmissionen auf der Baustelle nichts unternehmen und ihm steht kein Ausgleichsanspruch in Geld zu. Was in der Regel bei einer normalen Bautätigkeit in der Nachbarschaft der Fall sein wird.

Beschweren sich die Mieter, sollten Vermieter hellhörig werden und der Sache nachgehen, um im Streitfall argumentieren zu können.

  • Arbeitszeiten: Wann und wie lange wird auf der Baustelle gearbeitet?
  • Lärm: Ist der Geräuschpegel über dem zulässigen Maß?
  • Staub und Dreck: Lassen sich die Immissionen durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verringern? 

Fazit

So manches wird bei Abschluss eines Mietvertrages gerne als Selbstverständlichkeit angesehen. Ein Mieter kann jedoch nicht davon ausgehen, dass die Baulücke in der Nachbarschaft niemals geschlossen wird oder 50 Meter weiter ein Altbau abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird. In der Regel existieren für solche Fälle keine Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter. Daher ist der BGH der Auffassung, dass nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Vereinbarungen grundsätzlich keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung begründen, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit hinnehmen muss.

 

Auf Baulücken im Mietvertrag hinweisen

Bei typischem Baulärm von Nachbargrundstücken sind Mietminderungen nun fast ausgeschlossen. Sollte bei Abschluss des Mietvertrags aber absehbar sein, dass in unmittelbarer Nachbarschaft Bautätigkeiten anstehen, sollten Vermieter dies bereits im Mietvertrag vermerken, damit der Mieter im Nachhinein gar nicht erst Mängel geltend machen kann.

 

aktuelle Urteile

Möglicher Eigenbedarf - keine Informationspflicht des Vermieters

Der Vermieter ist weder verpflichtet von sich aus vor Abschluss eines unbefristeten Mietvertrags unaufgefordert Ermittlungen über einen möglichen künftigen Eigenbedarf anzustellen (sogenannte “Bedarfsvorschau“), noch den Mieter ungefragt über mögliche oder konkret vorhersehbare Eigenbedarfssituationen zu unterrichten (Fortführung von BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, NJW 2013, 1596).

Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn der Vermieter anlässlich des Vertragsabschlusses von sich aus oder auf Fragen des Mieters vorsätzlich unrichtige Angaben über den derzeitigen Stand ihm bekannter, für die Beurteilung einer Eigenbedarfssituation maßgebender Tatsachen gemacht hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 20. März 2013 - VIII ZR 233/12, NJ W 2013, 1596).

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