Meldet der Mieter seinem Vermieter einen Mietmangelund dieser reagiert dieser nicht, stellt sich die Frage des weiteren Vorgehens: Soll der Mieter den Mangel zunächst auf eigene Kosten beseitigen und den Vermieter zur Zahlung eines Vorschusses auffordern? Oder ist es sinnvoller, die Mietzahlungen unter den Vorbehalt der Rückzahlung zu stellen und den Vermieter gerichtlich zur Vornahme der Reparatur zu verklagen? Vielleicht kann auch einfach nur die Miete gemindert werden, bis der Vermieter sich rührt? Aber, kann der Vermieter irgendwann kündigen, weil die Mietminderungen eine gewisse Summe erreicht haben?
1. Die Beweislast gibt den Ausschlag
Grundsätzlich ist der Vermieter zur Reparatur verpflichtet, damit der Mieter die Wohnung im vertraglich vereinbarten Sinne gebrauchen kann. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht für Mängel, die der Mieter selbst verursacht hat. Entscheidend ist in einem Prozess also die Frage der Beweislast. Dabei geht es immer um Verantwortungsbereiche. Kann der Vermieter beispielsweise belegen, dass der Schaden im Verantwortungsbereich des Mieters entstanden ist, muss der Mieter nachweisen, dass er den mangelhaften Zustand der Sache nicht zu vertreten hat. Im Einzelnen kann diese Frage sehr kompliziert werden – sodass eine Prognose über ein Gerichtsurteil auch von erfahrenen Juristen nicht mit absoluter Sicherheit abgegeben werden kann. Bestimmte Fallkonstellationen sind aber typisch und werden von den Gerichten einheitlich entschieden.
2. Mögliche Klagearten
Im Zivilrecht sind verschiedene Klagearten möglich. Im Wesentlichen bestehen in der vorliegenden Fallkonstellation drei Optionen:
- Der Vermieter kann zur Vornahme der Reparatur verpflichtet werden (Verpflichtungsklage)
- Der Mieter kann die die Reparatur selbst vornehmen und den Vermieter wegen Kostenersatz verklagen oder einen Vorschuss verlangen (Leistungsklage)
- Der Mieter mindert seine Miete; dies führt zu einer Feststellungsklage über die Berechtigung einer Mietminderung.
3. Die Kosten (Streitwert)
Die Kosten eines Rechtsstreits hängen immer vom Streitwert ab. Dies ist in der Regel der Wert des Gegenstands, um den es letztlich geht. Bei einer Vorschussklage ist die Sache recht eindeutig: Die Kosten für die Reparatur entsprechen dem Streitwert.
Bei Verpflichtungsklagen und Feststellungsklagen ist die Sache naturgemäß schwieriger. Wenn sich Mieter und Vermieter um eine Mängelbeseitigung in einer Wohnung streiten, sind nicht die Kosten dieser Maßnahme entscheidend, sondern eine (fiktive) Mietminderung, zu der ein Mieter berechtigt wäre. Diese wird auf das Jahr hochgerechnet.
Bemessungsgrundlage für die Mietminderung ist nicht die Kaltmiete, sondern die Warmmiete (BGH, Urteil vom 6. April 2005 – XII ZR 225/03). Begründet wird die Orientierung an der Warmmiete damit, dass die Nutzung einer Wohnung eine Gesamtleistung darstellt – ohne die Nebenkosten ist diese Leistung unvollständig und die Wohnung nicht voll nutzbar. Bei einer Warmmiete von 500 Euro und einer Mietminderung von 10 % ergibt sich beispielsweise eine Jahresminderung von 600 Euro (zwölf monatliche Minderungen à 50 Euro).
Bei Klagen wegen einer Mängelbeseitigung (Verpflichtungsklage) oder der Feststellung, dass eine Mietminderung berechtigt ist (Feststellungsklage), besteht jedoch keine eindeutige Rechtslage in Bezug auf die Frage, wie der Streitwert zu bemessen ist. Die Gerichte in Deutschland urteilen hier unterschiedlich. Während beispielsweise das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 26. August 2010, 8 W 38/10) von dem Wert der Minderung für ein Jahr ausgeht (§ 41 Abs. 5 GKG), orientiert sich das Oberlandesgericht Karlsruhe an dem 3,5-fachen Wert dieser Jahresminderung (Beschluss vom 20.09.2013 – 10 W 18/13) – zumindest für die Feststellungsklage wegen einer Mietminderung. Dies ergebe sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie § 9 ZPO.
Es zeichnet sich in der Rechtsprechung jedoch eine klare Tendenz zugunsten der einfachen Jahresminderung auch bei Feststellungsklagen wegen einer Mietminderung ab. Im Ergebnis ist diese Auffassung mieterfreundlich, denn durch zu hohe Streitwerte würde das Prozesskostenrisiko für den Mieter zu hoch werden.
Anwaltliche Beratung lohnt sich
Anwalt, Gerichtsgebühren und auch oft die Anfertigung umfangreicher (und deshalb teurer) Gutachten machen einen Rechtsstreit nicht preiswert. Im Einzelfall besteht zudem das Risiko, dass der Mieter doppelt bezahlen muss, wenn er selbst den Schaden reparieren lässt.
Gerade deshalb ist die vorherige Beratung durch einen Rechtsanwalt so wichtig. Ein erfahrener Jurist wird die Risiken eines Rechtsstreits von vornherein einschätzen können. Wenn er überzeugt ist, dass eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hat, wird er von diesem Weg abraten – er ist als Organ der Rechtspflege dazu sogar verpflichtet. Der Mieter muss dann lediglich die Beratungsgebühr für den Anwalt zahlen. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 RVG darf diese Gebühr 190 Euro zzgl. MwSt. nicht übersteigen. Zu bedenken ist natürlich auch die Verfahrensdauer bei Zivilprozessen. Manchmal kann ein ganzes Jahr ins Land gehen, bis über eine Klage endgültig entschieden wird.
Im Wesentlichen kommt es immer auf die Art des Mangels an und die Frage, wer die Kosten der Mängelbeseitigung zu tragen hat. Danach bestimmt sich auch die Kostentragungspflicht in einem Prozess. Das materielle Mietrecht bestimmt insofern auch das Prozesskostenrisiko. Wer letztlich im Recht ist, muss weder das Gericht noch die Anwälte bezahlen.