Vor dem BGH: Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung

Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Eine aufgrund der Corona-Pandemie angeordnete vorübergehende Schließung stellt jedoch keinen Mietmangel nach 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Der Einzelfall ist zu prüfen

Eine pauschale Betrachtungsweise - hälftige Minderung der Kaltmiete, wie in dem verhandelten Fall - verbietet sich. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls. Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen.

Zu prüfen sind folgende Sachverhalte

  • Wie hoch war der Umsatzrückgang in dem konkret angemieteten Objekt für die Zeit der Schließung (nicht ein etwaiger Konzernumsatz).
  • Welche Maßnahmen wurden vom Mieter ergriffen oder welche Maßnahmen hätter er ergreifen können, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu mindern.
  • Welche Gelder hat der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemiebedingten Nachteile erhalten? Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht.
  • Wurden Leistungen einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung gezahlt?

Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten.

Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast.

BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 - XII ZR 8/21

§ 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. […]

§ 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. 3Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht. […]

Urteile

Energieausweis: Mieter müssen Verbrauchsdaten mitteilen

Die Mieter eines Einfamilienhauses rechneten den Energiebezug direkt mit ihrem Energielieferanten ab. Zur Erstellung eines Energieausweises auf der Basis des Verbrauchs benötigte der Vermieter die Verbrauchswerte der letzten drei Jahre seiner Mieter und bat um Mitteilung der Verbräuche. Die Mieter weigerten sich jedoch aus Gründen des Datenschutzes die Werte zu nennen. Das geht nicht, urteilte das Landgericht Karlsruhe. Es ordnete die Mitteilung der Verbrauchsdaten den Nebenpflicht aus dem Mietvertrag zu, datenschutzrechtliche Probleme ergäben sich aus einer Preisgabe der Verbräuche nicht (LG Karlsruhe, 20.02.2009, 9 S 523/08).