Die Suche nach einer neuen Wohnung kann herausfordernd sein – insbesondere, wenn Vermieter eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangen. Doch was, wenn der vorherige Vermieter sich weigert, eine solche Bescheinigung auszustellen? Der Bundesgerichtshof (BGH-Urteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08) hat hierzu in einem wichtigen Urteil entschieden, dass Vermieter nicht verpflichtet sind, eine solche Bescheinigung zu erteilen. Doch was bedeutet das für Mieter?
Was ist eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung?
Eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ist ein Dokument, in dem der vorherige Vermieter bestätigt, dass der Mieter alle Mietzahlungen vollständig und fristgerecht geleistet hat. Einige Vermieter verlangen diese Bescheinigung, um sicherzugehen, dass ein neuer Mieter zuverlässig seine Miete bezahlt.
Das Problem: Diese Bescheinigung geht über eine einfache Quittung hinaus. Sie bestätigt nicht nur Zahlungen, sondern auch die Tatsache, dass keine Schulden bestehen – eine Erklärung, die für den Vermieter potenzielle rechtliche Risiken mit sich bringen kann.
1. Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ≠ Quittung über Mietzahlungen
Ein zentraler Punkt aus dem BGH-Urteil ist die Unterscheidung zwischen einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung und einer Quittung.
✅ Quittung über Mietzahlungen:
Vermieter sind gesetzlich verpflichtet, auf Wunsch Quittungen über die gezahlte Miete auszustellen (§ 368 BGB). Eine Quittung bestätigt lediglich, dass eine Zahlung erfolgt ist – nicht aber, ob noch andere Forderungen bestehen.
❌ Mietschuldenfreiheitsbescheinigung:
Diese geht weiter als eine Quittung. Sie bestätigt, dass der Mieter keine Schulden mehr hat. Dies könnte für den Vermieter problematisch sein, da damit möglicherweise ein Verzicht auf noch offene oder strittige Forderungen verbunden wäre.
💡 Fazit: Mieter können ihr Zahlungsverhalten durch Quittungen oder Kontoauszüge nachweisen, ohne auf eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung angewiesen zu sein.
2. Keine Verkehrssitte – Keine Verpflichtung zur Ausstellung
Manche Mieter argumentieren, dass eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung mittlerweile eine übliche Praxis sei. Doch der BGH sieht das anders:
✅ Eine Verkehrssitte muss sich flächendeckend durchgesetzt haben und von allen Beteiligten als verbindlich angesehen werden.
✅ Dass einige große Wohnungsunternehmen eine solche Bescheinigung verlangen, reicht nicht aus, um daraus eine allgemeine Verpflichtung für alle Vermieter abzuleiten.
In dem verhandelten Fall gab es zwar Vermieter, die eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung forderten, aber längst nicht alle. Die Gerichte kamen daher zu dem Schluss, dass keine einheitliche Praxis existiert, die eine solche Bescheinigung als verpflichtend erscheinen ließe.
💡 Fazit: Da es keine fest etablierte Praxis gibt, bleibt es jedem Vermieter überlassen, ob er eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ausstellt.
3. Das BGH-Urteil: Vermieter sind nicht verpflichtet, eine Bescheinigung auszustellen
Im Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, forderte ein ehemaliger Mieter von seinem früheren Vermieter eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, da sein neuer Vermieter darauf bestand. Der alte Vermieter lehnte dies jedoch ab. Der Fall ging bis zum höchsten deutschen Zivilgericht – mit einem klaren Ergebnis:
🔹 Ein Vermieter muss keine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ausstellen.
🔹 Die Pflicht des Vermieters beschränkt sich darauf, Zahlungsquittungen für die erhaltenen Mieten auszustellen.
🔹 Mieter können ihre Mietzahlungen auch auf andere Weise belegen, zum Beispiel durch Kontoauszüge oder Quittungen.
Damit wurde bestätigt, dass Mieter zwar ein berechtigtes Interesse an einer solchen Bescheinigung haben können, der Vermieter jedoch nicht dazu verpflichtet werden kann, diese auszustellen.
4. Gefahr einer negativen Feststellungsklage für den Vermieter
Ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Urteil betrifft die möglichen rechtlichen Folgen für den Vermieter, falls er eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ausstellt:
📌 Falls der Vermieter eine Bescheinigung mit Einschränkungen ausstellt („Mieter hat gezahlt, aber…“), könnte der Mieter ihn gerichtlich auf negative Feststellungsklage in Anspruch nehmen.
📌 Der Vermieter müsste dann beweisen, dass es doch noch offene Forderungen gibt – ein unnötiges Prozessrisiko.
📌 Zudem könnte die Bescheinigung als Verzicht auf bestehende Forderungen ausgelegt werden, was dem Vermieter später zum Nachteil gereichen könnte.
💡 Fazit: Vermieter schützen sich durch das Nicht-Ausstellen einer solchen Bescheinigung vor möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen.
5. Was können Mieter tun, wenn eine Bescheinigung verlangt wird?
Auch wenn eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung praktisch sein kann, gibt es Alternativen:
✅ Quittungen über die Mietzahlungen: Vermieter sind verpflichtet, auf Wunsch Quittungen über die gezahlte Miete auszustellen.
✅ Kontoauszüge: Regelmäßige Überweisungen an den Vermieter belegen eine lückenlose Zahlung.
✅ Mietvertrag und Kündigungsbestätigung: Diese Dokumente zeigen, dass das Mietverhältnis beendet wurde.
Tipp: Falls der neue Vermieter auf einer Bescheinigung besteht, hilft oft ein offenes Gespräch. Viele Vermieter akzeptieren als Alternative Quittungen oder Kontoauszüge.
6. Fazit: Kein Grund zur Panik
Das BGH-Urteil sorgt für Klarheit: Vermieter sind nicht verpflichtet, eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung auszustellen. Doch für Mieter bedeutet das nicht das Ende der Wohnungssuche. Wer seine Zahlungsfähigkeit mit Quittungen und Kontoauszügen belegen kann, hat gute Chancen, auch ohne diese Bescheinigung einen neuen Mietvertrag abzuschließen.
Falls der neue Vermieter darauf besteht, hilft oft eine freundliche Erklärung – oder das beharrliche Nachhaken bei anderen potenziellen Vermietern, die auf eine solche Bescheinigung verzichten.
Mieterselbstauskunft: Was Vermieter fragen dürfen und was nicht
Die Mieterselbstauskunft ist rechtlich nicht vorgesehen und deshalb auch nicht geregelt. Sie ist jedoch ein gängiges Instrument bei der Wohnungssuche. Wehrt der Mieter den Wunsch des Vermieters nach einer Selbstauskunft ab, wird er es schwer haben die begehrte Wohnung zu erhalten