Mit einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung bestätigt der aktuelle Vermieter seinem auf Wohnungssuche befindlichen Mieter, dass zum genannten Stichtag keine Mietschulden bestehen. Viele Mieter sind der Annahme, dass ihr Vermieter eine solche Bescheinigung ausstellen muss. Die Richter des BGH entschieden, dass ein Mieter von seinem ehemaligen Vermieter keine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangen kann, die über eine Quittung für die erhaltenen Mietzahlungen hinausgeht, wenn keine dementsprechenden mietvertraglichen Vereinbarungenn hierüber getroffen wurden.
Pressemitteilung des BGH zur Mietschuldenfreiheitsbescheinigung
Die Kläger waren Mieter einer Wohnung der Beklagten. Sie haben das Mietverhältnis gekündigt und sind in eine andere Wohnung im Raum Dresden umgezogen. Da der Vermieter der neuen Wohnung von den Klägern eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt, haben die Kläger die Beklagte zur Ausstellung einer solchen Bescheinigung aufgefordert.
Die Beklagte hat den mit der Klage zunächst erhobenen Anspruch auf Erteilung von Quittungen über die geleisteten Mietzahlungen sofort anerkannt und entsprechende Quittungen erteilt. Die Abgabe einer von den Klägern geforderten weitergehenden Erklärung des Inhalts,
- dass die Miete einschließlich vereinbarter Betriebskostenvorauszahlungen für den Mietzeitraum bezahlt worden sei,
- dass ein Nachzahlungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung für 2006 von 276,24 € wegen Strittigkeit der Forderung nicht bezahlt worden sei,
- dass die Betriebskostenabrechnung für 2007 noch nicht erteilt worden sei und
- dass die Kläger eine Kaution von 726 € geleistet hätten, die sich aufgrund des nicht freigegebenen Pfandes noch bei der Beklagten befinde,
hat sie dagegen verweigert.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Mietschuldenfreiheitsbescheinigung nicht besteht. Der Mietvertrag der Parteien enthält hierzu keine Regelung. Eine solche Verpflichtung besteht auch nicht als mietvertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB.
Eine Verpflichtung zur Auskunft über das Bestehen oder Nichtbestehen von Mietschulden würde voraussetzen, dass der Mieter über Art und Umfang seiner Mietverbindlichkeiten im Ungewissen ist. Hieran fehlt es, weil der Mieter - wie hier die Kläger - unter Zuhilfenahme eigener Zahlungsbelege sowie der von dem Vermieter gemäß § 368 BGB geschuldeten und erteilten Quittungen über die von dem Mieter geleisteten Zahlungen ohne weiteres feststellen kann, ob alle mietvertraglich geschuldeten Zahlungen geleistet sind, und auch in der Lage ist, die Erfüllung seiner aus dem Mietvertrag folgenden Zahlungsverpflichtungen zu belegen.
Die Abgabe einer in ihren Wirkungen unter Umständen weiter reichenden Erklärung kann einem Vermieter hingegen schon wegen einer möglichen Gefährdung eigener Rechtspositionen nicht zugemutet werden. Denn es erscheint nicht fern liegend, dass eine solche Bescheinigung auch als Ausgleichsquittung angesehen werden könnte, durch die der Vermieter auf alle eventuell noch bestehenden Ansprüche gegen den Mieter verzichten würde, oder dass darin ein "Zeugnis gegen sich selbst" liegt, das für ihn beweisrechtlich nachteilig wäre, falls nachträglich noch Streit über den Bestand oder die Erfüllung von Mietforderungen entstehen sollte.
Auch eine allgemeine Pflicht zur Ausstellung einer solchen Bescheinigung wegen einer dahin entstandenen Verkehrssitte war im zu entscheidenden Fall nicht anzunehmen. Das Berufungsgericht hatte eine solche Verkehrssitte nicht festgestellt. Das Vorbringen der Kläger, wonach ein Vermieter in Dresden mit einem Bestand von 42.000 Wohnungen von jedem neuen Mietinteressenten die Beibringung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung verlangt, reicht für die Annahme einer solche Verkehrssitte nicht aus, da diese voraussetzt, dass sich innerhalb aller beteiligten Kreise und nicht nur eines Teiles, sei er auch quantitativ erheblich, dazu eine einheitliche Praxis durchgesetzt hat.
Urteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08 | Karlsruhe Pressestelle des Bundesgerichtshofs