Was ist ein Mietspiegel?
Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete im frei finanzierten Wohnungsbau. Die Einordnung einer Wohnung in den Mietspiegel und die damit zu zahlende Miete/m² erfolgt nach den wohnwertrelevanten Merkmalen des § 558 BGB: Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einer Wohnung, soweit sie für die Mietpreisbildung relevant sind, werden berücksichtigt. Weitere außergesetzliche Merkmale können ebenfalls herangezogen werden.
Ist ein Mietspiegel Pflicht?
Zum 01. Juli 2022 tritt die Reform des Mietspiegelrechts in Kraft. Für alle Städte und Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern werden Mietspiegel bis zum 01. Januar 2023 verpflichtend. Für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels gilt eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2024. Durch die Mietspiegelverordnung werden Inhalt und Verfahren zur Erstellung und Anpassungen von Mietspiegeln - qualifiziert und nicht qualifiziert - geregelt.
Warum wurde das Mietspiegelrecht geändert?
- Der Gesetzgeber verspricht sich eine höhere Aussagekraft der Mietspiegel und mehr Transparenz für Mieter und Vermieter hinsichtlich der Datenerhebung. Zudem sollen einfache und qualifizierte Mietspiegel nun alle zwei bzw. vier Jahre aktualisiert werden. Uralt-Mietspiegel wird es dann nicht mehr geben.
- Mietspiegel - besonders qualifizierte Mietspiegel - wurden in gerichtlichen Verfahren verstärkt in Frage gestellt. Häufiger Streitpunkt war die Frage, ob der qualifizierte Mietspiegel nach „anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ erstellt wurde, denn die "anerkannten wisschenaftlichen Grundsätze" waren nicht definiert.
- Durch das neue Gesetz und die klaren Vorgaben zur Datengrundlage, Erhebung und Verarbeitung der Daten soll die Rechtssicherheit besonders der qualifizierten Mietspiegel, ihre Bedeutung und ihre Akzeptanz bei Mietern und Vermietern von Wohnraum nun gestärkt werden. Und, es soll ein Anreiz geschaffen werden, dass qualifizierte Mietspiegel für möglichst viele Gemeinden erstellt werden.
Seit dem 1. Januar 2020 fließen in den Mietspiegel sechs statt vier Jahre ein. Damit soll der Anstieg bei bestehenden und künftigen Mieten gedämpft werden.
Worin besteht der Unterschied zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Mietspiegel?
Für beide Verfahren gilt: Basis der Berechnungen soll im Idealfall die Gesamtheit der mietspiegelrelevanten Wohnungen der Stadt oder Gemeinde sein.
Einfacher Mietspiegel
Die Erstellung und Anpassung des einfachen Mietspiegels ist an kein mathematisches Verfahren gebunden. Angaben zur Grundgesamtheit der mietrelevanten Wohnungen, zur Größe einzelner Erhebungseinheiten oder Stichprobengrößen sowie das mathematisches Verfahren zur Ermittlung der Kaltmieten/m² sind in Grundzügen im Mietspiegel oder in einer gesonderten Dokumentation anzuzeigen und zu erläutern.
Qualifizierter Mietspiegel
Die "wissenschaftlichen Standards" zur Erstellung eines qualifizierte Mietspiegel werden in der Mietspiegelverordnung klar definiert. Erste Wahl ist die Regressions- oder Tabellenanalyse, eine Kombination beider Methoden soll ebenfalls möglich sein.
- Qualifizierte Mietspiegel müssen auf der Grundlage einer direkten Datenerhebung durch Befragung von Vermietern oder Mietern oder von beiden Gruppen erstellt werden (Primärdatenerhebung). Auch hier sind die Angaben zur Grundgesamtheit der mietrelevanten Wohnungen, zur Größe einzelner Erhebungseinheiten oder Stichprobengrößen sowie das mathematisches Verfahren zur Ermittlung der Kaltmieten/m² in Grundzügen in einer gesonderten Dokumentation anzuzeigen und zu erläutern.
- In allgemeiner Form ist darzustellen, welche der personenbezogenen Daten, die ursprünglich für andere Zwecke erhoben wurden, der Mietspiegelersteller von öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen erhalten hat und wozu diese Daten benötigt und verwendet wurden.
- Es ist darzulegen, welche Auswirkung die Größe sowie die Beschaffenheit und die Ausstattung der Wohnung, einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit, auf die Höhe der Miete pro Quadratmeter hat.
- Zur Ermittlung von Wohnlagen soll untersucht werden, inwiefern sich durch Beschreibungen mittels vor Ort feststellbarer Faktoren wie insbesondere Bebauungs- und Verkehrsdichte, Zentralität, Infrastruktur, Begrünung oder vergleichbarer Kriterien Wohnlagen einteilen lassen. Wird hierdurch die Einteilung von Wohnlagen nicht sachgerecht ermöglicht, können weitere Bewertungsmaßstäbe wie Bodenrichtwerte oder Kriterien der allgemeinen Beliebtheit bestimmter Wohngegenden berücksichtigt werden.
- Weist ein qualifizierter Mietspiegel unterschiedliche Wohnlagen aus, so sind diese exakt zu verorten, etwa durch ein Straßenverzeichnis oder durch eine aussagekräftige Wohnlagenkarte.
Erhebung und Übermittlung von Daten, Veröffentlichung
- Zum Erstellen der Mietspiegel können Daten aus dem Melderegister, der Verwaltung der Grundsteuer sowie der Gebäude- und Wohnungszählung durch den Zensus abgefragt und genutzt werden.
- Waren die Angaben zur vermieteten Wohnung bisher freiwillig, müssen Vermieter und Mieter nun im Falle eines qualifizierten Mietspiegels Auskunft über die Miethöhe und die Merkmale der vermieteten Wohnung geben. Verstöße können mit einem Bußgeld geahndet werden.
- Qualifizierter und einfacher Mietspiegel sowie seine Dokumentation sind kostenfrei im Internet zu veröffentlichen. Für ihre Ausgabe in gedruckter Form können angemessene Entgelte verlangt werden.
- Einfache Mietspiegel sollen nach zwei Jahren und qualifizierte Mietspiegel nach vier Jahren an die Marktentwicklung angepasst werden.
Wie kann mir ein Mietspiegel helfen?
In der Regel enthält ein Mietspiegel verschiedene Kategorien mit unterschiedlichen Ausprägungen, mit deren Hilfe die Eigenschaften einer Wohnung im Geltungsbereich des Mietspiegels beschrieben werden und die bei der Abschätzung des üblichen Mietzinses herangezogen werden können. Ausgehend von einem konkreten Wohnungsangebot lässt sich dann bestimmen, ob der verlangte Mietzins ortsüblich und angemessen ist oder nicht. Solche Kategorien und mögliche Ausprägungen sind beispielsweise: der Stadtbezirk, in dem sich die Wohnung befindet; die Lage des Hauses (Verkehrslärm, ÖPNV-Anbindung, öffentliche Infrastruktur, Bebauungsdichte, Umgebungsvegetation usw.), das Baujahr des Hauses; Qualität der Wohnungsausstattung (Zentralheizung, Parkettboden, schalldämmende Fenster usw.); Zustand im Hinblick auf sparsamen Energieverbrauch (Wärmeschutzverglasung, Wärmedämmung, etc.)
- Der Anbieter einer Wohnung kann den Mietspiegel dazu nutzen, um den ungefähren Mietzins abzuschätzen, zu dem er die anzubietende Wohnung vermutlich vermieten kann.
- Der Mieter kann, ausgehend von einem konkreten Wohnungsangebot, vergleichen, ob der verlangte Mietzins ortsüblich und angemessen für diese Wohnung ist.
- Bei Streitigkeiten über ein Mieterhöhungsverlangen können beide Parteien den Mietspiegel dazu heranziehen, um die Richtigkeit der eigenen Position zu beweisen. Die im Mietspiegel enthaltenen Angaben gelten dabei auch im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung als Beweismittel, das der freien Würdigung durch das Gericht unterliegt.
- Ein Vermieter kann bei einer Mieterhöhung die Ihn begrenzende Vergleichsmiete auch alternativ über eine unabhängige Mietdatenbank oder mindestens drei vergleichbare Mietobjekte feststellen. Gibt es für die Gemeinde in der die Wohnung liegt einen qualifizierten Mietspiegel muss der Vermieter im Mieterhöhungsschreiben zusätzlich die maßgeblichen Werte des qualifizierten Mietspiegels angeben § 555 a Abs. 3 BGB. Das auf Vergleichswohnungen gestützte Mieterhöhungsverlangen ist formal unwirksam, wenn der Vermieter diese Angaben nicht macht.
Muss der Mietspiegel dem Mieterhöhungsverlangen beiliegen?
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Beifügung des Mietspiegels zur ordnungsgemäßen Begründung des Mieterhöhungsverlangens nicht erforderlich, wenn dieser allgemein zugänglich ist. In einem solchen Fall ist es dem Mieter zumutbar, zur Prüfung der Angaben des Vermieters auf den ohne weiteres zugänglichen Mietspiegel zuzugreifen. Nichts anderes gilt, wenn die Einsichtnahme in den Mietspiegel im Kundencenter des Vermieters gewährleistet ist. Die Beifügung des Mietspiegels ist auch nicht deswegen erforderlich, um eine rechtliche Beratung des Mieters - etwa durch einen Rechtsanwalt - zu ermöglichen, weil dessen Kenntnis von dem Inhalt des Mietspiegels vorausgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 11. März 2009 - VIII ZR 74/08).