Kaum ein Raum wird im Alltag stärker beansprucht als das Bad – und kaum ein Raum sorgt bei der Wohnungsrückgabe für mehr Streit. Besonders das Bohren in Fliesen ist ein Dauerbrenner zwischen Mietern und Vermietern. Die entscheidende Frage: Was ist erlaubt – und wann wird es teuer?
Bohren in Fliesen – kein generelles Verbot
Ein pauschales Bohrverbot in Formularmietverträgen ist unwirksam. Das hat der Bundesgerichtshof schon 1993 entschieden (Urteil vom 20. 01. 1993, Az. VIII ZR 10/92). Solche Klauseln beschränken den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung zu stark.
Mieter dürfen also grundsätzlich Handtuchhalter, Duschstangen oder Spiegel anbringen – auch dann, wenn dafür in Fliesen gebohrt werden muss.
Aber: Das Bohren darf nur so weit gehen, wie es für eine normale Nutzung erforderlich ist (§ 538 BGB). Wer jedes freie Fliesenfeld anbohrt oder unbedacht Fliesen beschädigt, riskiert eine Schadenersatzpflicht.
Ausstattung entscheidet: Wann Vermieter auf den Kosten sitzen bleiben
Ein bekanntes Beispiel stammt vom Landgericht Hamburg (Urteil vom 14. 06. 2001, Az. 307 S 50/01). Dort hatte ein Mieter 32 Dübellöcher im Bad hinterlassen – und kam damit durch. Der Grund: Der Vermieter hatte keinerlei Sanitärvorrichtungen montiert. Kein Spiegel, kein Handtuchhalter, keine Duschstange.
Das Gericht sah das Bohren in diesem Fall als vertragsgemäßen Gebrauch an. Wer dem Mieter keine vernünftige Grundausstattung bietet, darf sich später nicht über Bohrlöcher beschweren.
Praxis-Tipp für Vermieter: Statten Sie Bäder von Anfang an vollständig aus. Fehlen wichtige Halterungen, kann der Mieter selbst Hand anlegen – und das oft nicht dort, wo Sie es möchten.
Empfohlene Grundausstattung:
- Handtuchhalter an Waschtisch, Dusche und Badewanne
- Duschstange oder Duschvorhangstange
- Toilettenpapierhalter
- Spiegel oder Spiegelschrank mit Beleuchtung
Je vollständiger das Bad bei Übergabe ausgestattet ist, desto seltener greifen Mieter zur Bohrmaschine. Dokumentieren Sie die vorhandenen Vorrichtungen im Übergabeprotokoll – am besten mit Fotos.
Grenzen des Zulässigen
Fehlt die Ausstattung, darf der Mieter bohren – aber nur im üblichen Umfang.
Gerichte bewerten übermäßige Bohrlöcher als Beschädigung. So urteilte das Landgericht Göttingen bereits 1988 (Az. 5 S 106/88): Bohrlöcher sind erlaubt, wenn sie für die übliche Nutzung notwendig sind, ansonsten besteht eine Schadenersatzpflicht.
Noch strenger entschied das Amtsgericht Köpenick (Urteil vom 05. 10. 2012, Az. 4 C 64/12): Das Durchbohren von Fliesen sei grundsätzlich unzulässig, erlaubt seien allenfalls Bohrungen in den Fugen. Diese Auffassung ist allerdings umstritten. Die Mehrheit der Gerichte hält maßvolles Bohren für zulässig – insbesondere dann, wenn der Vermieter keine Alternativen anbietet.
Bohr-Alternativen: Kleben statt Bohren
Viele Streitfälle lassen sich vermeiden, wenn moderne Klebesysteme verwendet werden. Viele Unternehmen bieten Halterungen für Handtücher, Duschkörbe oder Spiegel, die ohne Bohren angebracht und später rückstandslos entfernt werden können. Die Klebetechnik ist wasserfest, belastbar und ideal für Mietwohnungen.
Tipp für Mieter: Kleben statt bohren – das spart Ärger und Nacharbeiten beim Auszug.
Tipp für Vermieter: Weisen Sie bei der Wohnungsübergabe auf Klebealternativen hin oder statten Sie das Bad gleich damit aus. Das ist kostengünstiger, als später beschädigte Fliesen ersetzen zu müssen.
Rechtssichere Lösung: Bohrverbot als Individualvereinbarung
Ein generelles Bohrverbot in Formularmietverträgen ist unwirksam. Vermieter können aber individuell mit dem Mieter vereinbaren, dass in bestimmten Fällen – etwa bei vollständig ausgestatteten Bädern – keine weiteren Bohrungen vorgenommen werden dürfen.
Wichtig ist, dass diese Regelung nicht vorformuliert, sondern tatsächlich ausgehandelt wird, zum Beispiel im Rahmen der Wohnungsübergabe. Dann handelt es sich um eine zulässige Individualvereinbarung nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB, die keiner AGB-Kontrolle unterliegt.
Formulierungsvorschlag für eine Individualvereinbarung:
Individualvereinbarung Bad / Bohrungen in Fliesen
Die Mietpartei verpflichtet sich zur sorgfältigen Pflege der Installationen, insbesondere der vollständig übergebenen Sanitärausstattung des Bades (Bestandteile siehe Übergabeprotokoll).
Wegen der bereits vorhandenen Einrichtungen dürfen keine weiteren Bohrungen in Fliesen oder Fugen vorgenommen werden, sofern sie nicht zur Befestigung beschädigter oder ersetzter Bauteile erforderlich sind.
Im Zweifelsfall ist vor Durchführung von Bohrungen eine schriftliche Zustimmung des Vermieters einzuholen.
Verstößt die Mietpartei gegen diese Vereinbarung und werden dadurch Fliesen oder Fugen beschädigt, ist sie verpflichtet, den entstandenen Schaden auf eigene Kosten fachgerecht zu beseitigen oder Ersatz zu leisten.
Diese Formulierung ist verständlich und ausgewogen – sie untersagt kein sinnvolles Bohren, schützt aber die vorhandene Ausstattung.
Was gilt bei Auszug?
Mieter müssen das Bad in einem Zustand zurückgeben, der eine sofortige Weitervermietung erlaubt. Bohrlöcher in Fliesen sind fachgerecht zu verschließen, beschädigte Fliesen sind auszutauschen.
Wurden nur wenige Halterungen angebracht und sauber entfernt, bleibt das folgenlos. Wer dagegen Dutzende Löcher hinterlässt oder Fliesen zerstört, muss zahlen.
Fazit
Ein paar Bohrlöcher für Spiegel oder Handtuchhalter sind erlaubt – besonders, wenn der Vermieter keine Ausstattung bereitgestellt hat. Doch wer übertreibt, beschädigt oder ohne Rücksprache bohrt, riskiert teuren Ärger.
Vermieter sollten ihre Bäder vollständig ausstatten und Vereinbarungen zum Bohren individuell festhalten. Mieter wiederum fahren besser, wenn sie moderne Klebesysteme nutzen und die Fliesen verschonen. So bleibt das Bad schön – und das Mietverhältnis unbeschadet.
Fragen?
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