Die fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug durch den Vermieter


Keine Miete gezahlt? Wie schnell müssen Sie mit der Kündigung rechnen? | Bild von ngocnghia1810 auf Pixabay

Ist ein Mieter mit mit seinen Mietzahlungen in Verzug, kann der Vermieter seinem Mieter landläufig "fristlos", kündigen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) spricht dann von einer "Außerordentlichen fristlose Kündigung aus wichtigem Grund). Der wichtige Grund ist der Mitzahlungsverzug, nachzulesen in § 543 Abs. 2 Satz Nr. 3 BGB. Doch welcher Mietrückstand rechtfertigt eine "fristlose Kündigung" und welche Konsequenzen hat das für den Mieter?

Was versteht der Gesetzgeber unter Miete?

Unter Miete versteht der Gesetzgeber alle vertraglich vereinbarten Zahlungen. Hierunter fällt:

  • die Kaltmiete, und
  • die vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen oder die Betriebskostenpauschale, also die Bruttomiete.
  • Sollte in ihrem Wohnraummietvertrag auch eine Garage oder ein sonstiger Nebenraum (z.B. der mitvermietete Dachboden als Hobbyraum) aufgeführt sein, so fallen die Zahlungen für diese Räume auch unter die Miete. Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen vergangener Abrechnungsperioden zählen nicht, da sie keine wiederkehrenden Zahlungen sind.

Beispiel Miete:

  1. Kaltmiete 800,00 Euro
  2. Betriebskostenvorauszahlungen 250,00 Euro
  3. Garage 100,00 Euro
  4. Hobbyraum auf dem Dachboden 50,00 Euro

Miete = 1.200 Euro

 

Wann muss die Miete auf dem Konto des Vermieters sein?

 

Anzeige

 

Welche Zahlungsrückstände rechtfertigen die fristlose Kündigung?

 

1. Der Mietrückstand beträgt weniger als zwei Monatsmieten

Variante 1 (§ 543 Abs. 2 Satz 3a) spricht von zwei aufeinander folgenden Terminen und einem "nicht unerheblichen" Mietzahlungsverzug. Der Begriff nicht unerheblicher Teil wird im BGB in § 569 Abs. 3 Satz 1 definiert "... ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt." Theoretisch reicht also ein Mietrückstand von einer Miete plus 1 Cent für Mai und Juni, um die fristlose Kündigung zu erhalten.

Beispiel 1: Der Mieter zahlt weder im Mai noch im Juni die Miete.
Beispiel 2: Die monatliche Miete beträgt 600,00 Euro. Im Mai werden 300,00 Euro überwiesen, im Juni überweist der Mieter 250,00 Euro. Der Mietrückstand beträgt somit 650,00 Euro.

2. Der Mietrückstand beträgt zwei Monatsmieten

Variante 2 (§ 543 Abs. 2 Satz 3b) betrifft die Fälle, in denen in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. 

Beispiel: Der Mieter überweist weder die Januar- noch die Septembermiete.

3. Die Kautionszahlung wird nicht geleistet

Auch nicht geleistete Kautionszahlungen können zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses führen. Befindet sich der Mieter mit der Kautionszahlung in Höhe eines Betrages von 2 Netto-Kaltmieten (Achtung: Betriebskosten zählen hier nicht) in Rückstand, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen.

Beispiel: Die vereinbarte Netto-Kaltmiete beträgt 600,00 Euro, als Kaution wurden drei Kaltmieten, also 1.800,00 Euro, vereinbart. Der Mieter hat bei Fälligkeit der dritten Rate lediglich 600,00 Euro gezahlt (BGB 569 Abs. 2a).

 

Muss mich der Vermieter vor einer fristlosen Kündigung abmahnen?

Nein, spielen Zahlungsrückstände eine Rolle ist Gesetzgeber nicht nachsichtig. Ein Vermieter ist nicht verpflichtet dem Mieter vor der außerordentlichen fristlosen Kündigung vorab eine Abmahnung zu schicken (§ 543 Abs. 3 Satz 3 BGB).

 

Hier darf der Vermieter nicht mit der Begründung Mietrückstand fristlos kündigen!

 

In diesen Fällen wird die fristlose Kündigung unwirksam!

  • Hat der Vermieter gekündigt und erfolgt vom Mieter direkt nach der Kündigung eine Aufrechnung, wird die fristlose Kündigung unwirksam.
  • Keine Wohnungskündigung während laufender Zahlungsfrist.
  • Die außerordentliche fristlose Kündigung wird ebenfalls unwirksam, wenn der Mieter oder eine öffentliche Stelle sämtliche rückständigen Mieten innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage zahlt (Schonfristzahlung). Aber, wurde eine Kündigung aus demselben Grund innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal ausgesprochen, so kommt diese Regelung nicht noch einmal zur Anwendung. Die außerordentliche fristlose Kündigung ist dann wirksam (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

 

Der Vermieter kündigt fristlos und mit der gesetzlichen Frist, warum?

Neben der außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzug sprechen Vermieter gerne hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses wegen Pflichtverletzung (§ 573 BGB) aus. Damit soll erreicht werden, dass der Vermieter im Falle eines Rechtsstreits, in dem die außerordentliche fristlose Kündigung für unwirksam erklärt wurde, das Gericht zumindest nach Abwägung aller Umstände der ordentlichen Kündigung mit ihren längeren Fristen zustimmt. Hierzu der Leitzsatz des BGH (Urteil vom 16.02.2005 - VIII ZR 6/04) aus dem Jahr 2005, bestätigt durch (BGH 2018 Az. VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

 

Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters fristlos und hilfsweise auch fristgemäß, lässt der nachträgliche Ausgleich der Mietrückstände innerhalb der Frist des § 569 III Nr. 2 BGB (Schonfristzahlung) zwar die fristlose Kündigung unwirksam werden, nicht dagegen auch ohne weiteres die fristgemäße Kündigung. Die nachträgliche Zahlung ist jedoch bei der Prüfung, ob der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, zu berücksichtigen.

👉 Die Schonfristzahlung schützt den Mieter nicht vor einer ordentlicher Kündigung

 

Das Amt verpflichtet sich, die Mietrückstände zu zahlen

In Köln der Normalfall: Übernimmt eine öffentliche Stelle den Ausgleich der Zahlungsrückstände, muss der Vermieter zusichern auch die ordentliche Kündigung zurückzunehmen. Tut er das nicht, werden die Mietrückstände nicht ausgeglichen und der Vermieter kann sehen, wie er sich das Geld vom Mieter holt.

Die Verpflichtungserklärung

Diese Verpflichtungserklärung ist ein offizielles Dokument, welches vom Jobcenter oder einer anderen öffentlichen Stelle wie beispielsweise dem Sozialamt ausgestellt und dem Vermieter übergeben wird. Sie zeigt an, dass die Stelle als Schuldner für den Mieter einspringt und sich verpflichtet die Mietrückstände zu übernehmen.

Der Haken an der Sache

Bei Abgabe der Verpflichtungserklärung und Übernahme der Schulden, wird jedoch ausschließlich die fristlose Kündigung unwirksamHat der Vermieter zusätzlich eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, hat diese Bestand. Verpflichtet sich der Vermieter daher nicht auch zur Rückname der ordentlichen Kündigung, verweigern nicht wenige Ämter eine Verpflichtungserklärung, da der Wohnungsverlust in vielen Fällen absehbar ist.


Ein Tipp für Vermieter: Wenn sie mit dem Mieter leben können, verpflichten sie sich ebenfalls zur Rücknahme der ordentlichen Kündigung.  Wir haben es bisher noch nicht erlebt, dass ein Ex-Mieter in der Lage war Mietrückstände, Gerichts- und Anwaltskosten sowie Gerichtsvollzieher zu bezahlen.

Denn sehen wir es realistisch: Sie können mit ihrer ordentliche Kündigung Erfolg haben und einige Monate später einen wunderbaren Titel in Händen halten. Der wird ihnen aber oft kein Geld aufs Konto bringen und in den meisten Fällen auch nie bringen. 


 

Wie viele Tage Räumungsfrist stehen dem Mieter zu?

Eine konkrete Anzahl von Tagen oder Wochen werden sie im BGB nicht finden. Wenn der Vermieter auf der sicheren Seite sein will, sollte das Ende der Räumungsfrist 1 bis 2 Wochen ab Kündigungszugang terminiert sein. Ist die Räumungsfrist zu knapp bemessen, kann der Vermieter bei einer übereilten Räumungsklage auf den Verfahrenskosten sitzen bleiben.

  • Der Mieter befindet sich erst nach Ablauf einer angemessenen Räumungsfrist in Verzug. Erst danach gibt er Anlass zur Erhebung der Räumungsklage. Angemessen sind je nach Einzelfall 1 bis 2 Wochen ab Zugang des Kündigungsschreibens (LG Baden-Baden, Beschluss v. 22.5.1995, 1 T 32/95).

 

Unverschuldet zum Zahlungsverzug?

Nicht wenige Mieter sind der Auffassung, dass ein einfaches "Ich war knapp bei Kasse!" vor Gericht als ausreichende Entschuldigung gilt. Auch in einem  2016 verhandelten Fall hatte der Mieter angeführt, dass seine Schieflage auf wirtschaftliche Engpässe, hervorgerufen durch überhöhte Steuerschätzungen und die rigorosen Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamtes, zurückzuführen sei. Nähere Ausführungen, auch auf Nachfrage der Gerichte, folgten nicht. Letztendlich musste sich der BGH mit dem Fall befassen.

Die Bundesrichter betonten in ihrem Urteil nochmals, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt und sich keine allgemeinen Regeln zur Frage, ob die vertragliche Pflicht zur Mietzahlung unverschuldet verletzt wurde, aufstellen lassen. Es obliegt daher im Einzelfall dem Gericht, die maßgebenden Tatsachen festzustellen und zu würdigen (BGH, Beschluss v. 20.7.2016, VIII ZR 238/15).

In diesem Fall hieß das für den BGH konkret:

  • Genaue Angaben zur tatsächlichen Höhe der angeblich weit überhöhten Steuerschätzung
  • Warum ist es nicht zu einer Stundungsvereinbarung mit dem Finanzamt gekommen?
  • Was sind die näheren Gründe des Zustandekommens dieser Steuerschätzung?
  • Wie wurden die festgesetzten Beträge beigetrieben?
  • Wie steht es um die sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse?

Fazit: Möchten sie den Amtsrichter überzeugen, dass eine hilfweise ordentlich ausgesprochene Kündigung bei Zahlungsrückständen (§ 573 II Nr. 1 BGB) nicht gerechtfertigt ist, liegt die Latte hoch. Ein einfacher Einwand reicht nicht aus, hier müssen alle Zahlen, Daten, Fakten auf den Tisch.

 

💡 Zusammenfassung: Wann darf der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter nicht zahlt?

Keine Sorge: Nicht jede vergessene Überweisung führt gleich zur Kündigung. Aber es gibt klare Grenzen – und wenn die überschritten sind, darf der Vermieter sofort fristlos kündigen, ohne vorher abmahnen zu müssen:


📌 1. Zwei Monatsmieten gar nicht gezahlt

👉 Der Mieter zahlt zwei Monate hintereinander keine Miete.
🔒 Abmahnung nötig? Nein
📜 Rechtsgrundlage: § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB
🧾 Beispiel: Die Miete für Januar und Februar bleibt komplett aus.


📌 2. Zwei Monatsmieten nur teilweise gezahlt

👉 Zwei Monate in Folge wird die Miete nur anteilig gezahlt – der Rückstand summiert sich auf mehr als eine Monatsmiete.
🔒 Abmahnung nötig? Nein
📜 Rechtsgrundlage: § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB
🧾 Beispiel: Bei 600 € Miete zahlt der Mieter im Mai 300 € und im Juni 250 €. Rückstand: 650 €.


📌 3. Der Rückstand wächst langsam – aber deutlich

👉 Über einen längeren Zeitraum entsteht ein Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten.
🔒 Abmahnung nötig? Nein
📜 Rechtsgrundlage: § 543 Abs. 2 Nr. 3b BGB
🧾 Beispiel: 800 € Miete pro Monat, aber über vier Monate nur 1600 € gezahlt. Rückstand: 1600 €.


📌 4. Kaution wird nicht (vollständig) gezahlt

👉 Der Mieter zahlt mindestens zwei Kaltmieten der vereinbarten Kaution nicht.
💬 Wichtig: Es zählt nur die Nettokaltmiete – nicht die Warmmiete!
🔒 Abmahnung nötig? Nein
📜 Rechtsgrundlage: § 543 Abs. 1 BGB i.V.m. § 569 Abs. 2a BGB
🧾 Beispiel: Kaltmiete 600 €, vereinbarte Kaution: 1800 €. Gezahlt: nur 600 €.

 

Aus der Hausverwalterpraxis

Sie sind als Mieter knapp bei Kasse und sehen, dass es mit der Mietzahlung diesmal nicht rechtzeitig oder vollständig klappt?

  1. Stecken Sie den Kopf nicht in den Sand und hoffen, dass es dem Eigentümer oder der Verwaltung nicht auffällt, dass die Miete ausbleibt. Die Mietenbuchhaltung wird zum Anfang des Monats durchgeführt.
  2. Reden Sie deshalb rechtzeitig mit Ihrer Hausverwaltung oder ihrem Vermieter und bieten sie realistische Ratenzahlungen an oder vereinbaren sie eine Zahlung zur Monatsmitte.
  3. Die Sozialklausel hilft nicht bei der fristlosen Kündigung.
  4. Halten sie sich an die Vereinbarungen! Kein Vermieter oder Hausverwalter sieht es gerne, wenn die Gegenseite sich nicht an die Abmachungen hält. Ob Hausverwaltung oder Vermieter: Unzuverlässige Vertragspartner will man loswerden.

🔍 Weiterführende Informationen

Wann muss die Miete auf dem Konto des Vermieters sein?

 Kaltmiete, Bruttokaltmiete, Warmmiete: Was ist Was?

Die Schonfristzahlung schützt nicht vor der ordentlichen Kündigung!

Sozialklausel im Mietrecht? Nicht bei der "fristlosen" Kündigung des Mietverhältnisses!

Mietschulden: Tipps für Vermieter und Mieter

 

 

Die 4 Möglichkeiten der Wohnraumkündigung

Ordentlich, erleichtert, außerordentlich fristgebunden, außerordentlich fristlos: Die gesetzlichen Begriffe, die bei einer Kündigung eine Rolle spielen, sind verwirrend und werden oft verwechselt. Wir skizzieren die 4 Kündigungsmöglichkeiten für Wohnraummietverhältnisse.

 

 

Kündigung

Der Mieter bleibt nach Ablauf der Kündigungsfrist einfach wohnen? Achten Sie auf die stillschweigende Verlängerung | Bild stock.adobe.com © LaCatrina Lässt ein Mieter nach der Kündigung den Kündigungstermin verstreichen, sollten Vermieter aufpassen. Denn nach dem Gesetz haben Vermieter dann der...

Kündigung

 Der Widerruf der Wohnungskündigung durch den Mieter muss schnell erfolgen. Sonst gilt die Kündigung ohne Wenn und Aber! | stock.adobe.com © ponsulak Wenn Sie als Mieter die Kündigung rückgängig machen möchten, müssen Sie schnell sein. Ein Widerruf ist nur wirksam, wenn er vorher oder...

Kündigung

Achten Sie bei einer Wohnungskündigung auf den rechtzeitigen Zugang. | Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay Die Kündigungserklärung von Mieter oder Vermieter zu einem unbefristeten Wohnraummietverhältnis muss ihren Empfänger spätestens am dritten Werktag des ersten Monats der Kündigungsfrist...

aktuelle Urteile

Bei Auszug muss die Tapete nicht entfernt werden

Mietvertragsklauseln, die den Mietern die Entfernung der Tapeten bei Auszug aus der Wohnung vorschreiben, sind ungültig. Das gilt zwei aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zufolge auch in Fällen, in denen Mieter die Tapete nicht übernommen, sondern selbst angebracht haben. Derartige Vorschriften seien unangemessen, weil Mieter selbst dann zum Abreissen der Tapeten gezwungen seien, wenn diese noch in gutem Zustand seien.

Weiterlesen ...

betriebskosten abrechnen 350 mal 350

Link zur aktuellen Betriebskostenverordnung

betriebskostenabrechnung 1 336 280

amazon buero 336x280

Empfehlungen von Google