Die fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug durch den Vermieter

Ist der Mieter bei zwei aufeinanderfolgenden Terminen (z.B. Mai und Juni) mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete oder bei zwei nicht aufeinanderfolgenden Terminen (z.B. Mai und September) mit zwei Mietzahlungen im Rückstand, kann der Vermieter außerordentlich fristlos, landläufig "fristlos", kündigen.

Was versteht der Gesetzgeber unter Miete?

Unter Miete versteht der Gesetzgeber alle vertraglich vereinbarten Zahlungen. Hierunter fällt die Kaltmiete und die Betriebskostenvorauszahlungen oder die Betriebskostenpauschale, also die Bruttomiete. Sollte in ihrem Wohnraummietvertrag auch eine Garage oder ein sonstiger Nebenraum (z.B. der mitvermietete Dachboden als Hobbyraum) aufgeführt sein, so fallen die Zahlungen für diese Räume auch unter die Miete. Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen vergangener Abrechnungsperioden zählen nicht, da sie keine wiederkehrenden Zahlungen sind.

Welche Zahlungsrückstände rechtfertigen die fristlose Kündigung?

Der Mietrückstand beträgt weniger als zwei Monatsmieten

Variante 1 (§ 543 Abs. 2 Satz 3a) spricht von zwei aufeinander folgenden Terminen und einem "nicht unerheblichen" Mietrückstand. Der Begriff nicht unerheblicher Teil wird im BGB in § 569 Abs. 3 Satz 1 definiert "... ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt." Theoretisch reicht also ein Mietrückstand von einer Miete plus 1 Cent für Mai und Juni, um die fristlose Kündigung zu erhalten.

Beispiel 1: Der Mieter zahlt weder im Mai noch im Juni die Miete.
Beispiel 2: Die monatliche Miete beträgt 600,00 Euro. Im Mai werden 300,00 Euro überwiesen, im Juni überweist der Mieter 250,00 Euro. Der Mietrückstand beträgt somit 650,00 Euro.

Der Mietrückstand beträgt zwei Monatsmieten

Variante 2 (§ 543 Abs. 2 Satz 3b) betrifft die Fälle, in denen in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. 

Beispiel: Der Mieter überweist weder die Januar- noch die Septembermiete.

Die Kautionszahlung wird nicht geleistet

Auch nicht geleistete Kautionszahlungen können zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses führen. Befindet sich der Mieter mit der Kautionszahlung in Höhe eines Betrages von 2 Netto-Kaltmieten (Achtung: Betriebskosten zählen hier nicht) in Rückstand, kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen.

Beispiel: Die vereinbarte Netto-Kaltmiete beträgt 600,00 Euro, als Kaution wurden drei Kaltmieten, also 1.800,00 Euro, vereinbart. Der Mieter hat bei Fälligkeit der dritten Rate lediglich 600,00 Euro gezahlt (BGB 569 Abs. 2a).

 

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Muss der Vermieter bei Zahlungsrückständen vor der fristlosen Kündigung abmahnen?

Nein, bestehen Zahlungsrückstände ist der Vermieter nicht verpflichtet, den Mieter vor Ausspruch der fristlosen Kündigung abzumahnen (§ 543 Abs. 3 Satz 3 BGB).

Hier darf der Vermieter nicht mit der Begründung Mietrückstand fristlos kündigen

  • Ein Kündigungsrecht besteht nicht, wenn der Mieter berechtigterweise die Miete wegen bestehender Wohnungsmängel gekürzt hat oder gegen die Betriebskostennachzahlung Einwände erhoben hat.
  • Eine fristlose Kündigung ist nicht möglich, wenn ein Mieter einer Mieterhöhung nicht oder nur teilweise zustimmt.
  • Zahlt der Mieter die rückständige Miete bevor der Vermieter sich rührt, kann der Vermieter nicht anschließend fristlos kündigen.

In diesen Fällen wird die fristlose Kündigung unwirksam

  • Hat der Vermieter gekündigt und erfolgt vom Mieter direkt nach der Kündigung eine Aufrechnung, wird die fristlose Kündigung unwirksam.
  • Die außerordentliche fristlose Kündigung wird ebenfalls unwirksam, wenn der Mieter oder eine öffentliche Stelle sämtliche rückständigen Mieten innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage zahlt (Schonfristzahlung). Aber, wurde eine Kündigung aus demselben Grund innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal ausgesprochen, so kommt diese Regelung nicht noch einmal zur Anwendung. Die außerordentliche fristlose Kündigung ist dann wirksam (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).

Der Vermieter kündigt fristlos und mit der gesetzlichen Frist, warum?

Neben der außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzug sprechen Vermieter gerne hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses wegen Pflichtverletzung (§ 573 BGB) aus. Damit soll erreicht werden, dass der Vermieter im Falle eines Rechtsstreits, in dem die außerordentliche fristlose Kündigung für unwirksam erklärt wurde, das Gericht zumindest nach Abwägung aller Umstände der ordentlichen Kündigung mit ihren längeren Fristen zustimmt. Hierzu der Leitzsatz des BGH (Urteil vom 16.02.2005 - VIII ZR 6/04) aus dem Jahr 2005, bestätigt durch (BGH 2018 Az. VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

 

Kündigt der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters fristlos und hilfsweise auch fristgemäß, lässt der nachträgliche Ausgleich der Mietrückstände innerhalb der Frist des § 569 III Nr. 2 BGB zwar die fristlose Kündigung unwirksam werden, nicht dagegen auch ohne weiteres die fristgemäße Kündigung. Die nachträgliche Zahlung ist jedoch bei der Prüfung, ob der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, zu berücksichtigen.

 

Wenn das Amt die Mietrückstände ausgleicht

In Köln der Normalfall: Übernimmt eine öffentliche Stelle den Ausgleich der Zahlungsrückstände, muss der Vermieter zusichern auch die ordentliche Kündigung zurückzunehmen. Tut er das nicht, werden die Mietrückstände nicht ausgeglichen und der Vermieter kann sehen, wie er sich das Geld vom Mieter holt.

Diese Verpflichtungserklärung ist ein offizielles Dokument, welches vom Jobcenter oder einer anderen öffentlichen Stelle wie beispielsweise dem Sozialamt ausgestellt und dem Vermieter übergeben wird. Sie zeigt an, dass die Stelle als Schuldner für den Mieter einspringt und sich verpflichtet die Mietrückstände zu übernehmen.

Bei Abgabe der Verpflichtungserklärung und Übernahme der Schulden, wird jedoch ausschließlich die fristlose Kündigung unwirksam. Wenn der Vermieter zusätzlich eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat, wird diese nicht unwirksam. In diesen Fällen geben Behörden häufig keine Verpflichtungserklärung mehr ab, da der Wohnungsverlust in vielen Fällen absehbar ist.


Ein Tipp für Vermieter: Wenn sie mit dem Mieter leben können, verpflichten sie sich ebenfalls zur Rücknahme der ordentlichen Kündigung.  Wir haben es bisher noch nicht erlebt, dass ein Ex-Mieter in der Lage war Mietrückstände, Gerichts- und Anwaltskosten sowie Gerichtsvollzieher zu bezahlen. Denn sehen wir es realistisch: Sie können mit ihrer ordentliche Kündigung Erfolg haben und einige Monate später einen wunderbaren Titel in Händen halten. Der wird ihnen aber oft kein Geld aufs Konto bringen und in den meisten Fällen auch nie bringen. 


Wie viele Tage Räumungsfrist stehen dem Mieter zu?

Eine konkrete Anzahl von Tagen oder Wochen werden sie im BGB nicht finden. Wenn sie als Vermieter auf der sicheren Seite sein wollen, sollte das Ende der Räumungsfrist 1 bis 2 Wochen ab Kündigungszugang terminiert sein. Ist die Räumungsfrist zu knapp bemessen, kann der Vermieter bei einer übereilten Räumungsklage auf den Verfahrenskosten sitzen bleiben.

  • Der Mieter befindet sich erst nach Ablauf einer angemessenen Räumungsfrist in Verzug. Erst danach gibt er Anlass zur Erhebung der Räumungsklage. Angemessen sind je nach Einzelfall 1 bis 2 Wochen ab Zugang des Kündigungsschreibens (LG Baden-Baden, Beschluss v. 22.5.1995, 1 T 32/95).

Unverschuldet zum Zahlungsverzug?

Nicht wenige Mieter sind der Auffassung, dass ein einfaches "Ich war knapp bei Kasse!" vor Gericht als ausreichende Entschuldigung gilt. Auch in einem  2016 verhandelten Fall hatte der Mieter angeführt, dass seine Schieflage auf wirtschaftliche Engpässe, hervorgerufen durch überhöhte Steuerschätzungen und die rigorosen Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamtes, zurückzuführen sei. Nähere Ausführungen, auch auf Nachfrage der Gerichte, folgten nicht. Letztendlich musste sich der BGH mit dem Fall befassen.

Die Bundesrichter betonten in ihrem Urteil nochmals, dass es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt und sich keine allgemeinen Regeln zur Frage, ob die vertragliche Pflicht zur Mietzahlung unverschuldet verletzt wurde, aufstellen lassen. Es obliegt daher im Einzelfall dem Gericht, die maßgebenden Tatsachen festzustellen und zu würdigen (BGH, Beschluss v. 20.7.2016, VIII ZR 238/15).

In diesem Fall hieß das für den BGH konkret:

  • Genaue Angaben zur tatsächlichen Höhe der angeblich weit überhöhten Steuerschätzung
  • Warum ist es nicht zu einer Stundungsvereinbarung mit dem Finanzamt gekommen?
  • Was sind die näheren Gründe des Zustandekommens dieser Steuerschätzung?
  • Wie wurden die festgesetzten Beträge beigetrieben?
  • Wie steht es um die sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse?

Fazit: Möchten sie den Amtsrichter überzeugen, dass eine hilfweise ordentlich ausgesprochene Kündigung bei Zahlungsrückständen (§ 573 II Nr. 1 BGB) nicht gerechtfertigt ist, liegt die Latte hoch. Ein einfacher Einwand reicht nicht aus, hier müssen alle Zahlen, Daten, Fakten auf den Tisch.

 

Zusammenfassung fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug

  1. Der Mieter zahlt für zwei aufeinanderfolgende Termine keine Miete.
    Abmahnung erforderlich: Nein
    BGB-Norm: § 543 Abs. 2, Ziffer 3a
    Beispiel: Die Januar- und Februarmiete wird nicht gezahlt.
  2. Der Mieter zahlt die Miete an zwei aufeinanderfolgenden Terminen nur anteilig. Der Mietrückstand beträgt mehr als eine Monatsmiete.
    Abmahnung erforderlich: Nein
    BGB-Norm: § 543 Abs. 2, Ziffer 3a
    Beispiel: Die Miete beträgt insgesamt 600,00 Euro. Im Mai zahlt der Mieter 300,00 Euro, im Juni überweist der Mieter 250,00 Euro. Er befindet sich damit im Juni mit 650,00 Euro in Verzug.
  3. Der Mietrückstand beträgt über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten mindestens zwei Monatsmieten.
    Abmahnung erforderlich: Nein
    BGB-Norm: § 543 Abs. 2, Ziffer 3b
    Beispiel: Die Gesamtmiete beträgt 800 Euro. Im Januar zahlt der Mieter 600 Euro, im Februar 600 Euro, im März 200 Euro und im April 200 Euro (Soll = 3200 Euro, Ist = 1600 Euro). Im April besteht ein Mietrückstand über 1600 Euro.
  4. Der Mieter befindet sich mit der Kautionszahlung in Höhe eines Betrages von 2 Kaltmieten in Verzug (Achtung: Hier zählt nur die Kaltmiete).
    Abmahnung erforderlich: Nein
    BGB-Norm: § 543 Absatz 1 BGB, § 569 Abs. 2a BGB
    Beispiel: Die vereinbarte Netto-Kaltmiete beträgt 600,00 Euro, als Kaution wurden drei Kaltmieten, also 1800,00 Euro, vereinbart. Der Mieter hat bis zur Fälligkeit der dritten Rate lediglich 600,00 Euro gezahlt.

Aus der Hausverwalterpraxis

Sie sind als Mieter knapp bei Kasse und sehen, dass es mit der Mietzahlung diesmal nicht rechtzeitig oder vollständig klappt?

  1. Hoffen sie nicht, dass es dem Eigentümer oder der Verwaltung nicht auffällt, dass die Miete ausbleibt. Die Mietenbuchhaltung wird zum Anfang des Monats durchgeführt.
  2. Reden Sie deshalb rechtzeitig mit Ihrer Hausverwaltung oder ihrem Vermieter und bieten sie realistische Ratenzahlungen an oder vereinbaren sie eine Zahlung zur Monatsmitte.
  3. Halten sie sich an die Vereinbarungen! Kein Vermieter oder Hausverwalter sieht es gerne, wenn die Gegenseite sich nicht an die Abmachungen hält. Ob Hausverwaltung oder Vermieter: Unzuverlässige Vertragspartner will man loswerden.

 

 

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Urteile

Bei Beleidigung droht die Kündigung

Wer in einem Mietshaus die anderen Mietparteien mit Beleidigungen und nächtlichem Lärm traktiert, setzt nicht nur die nachbarschaftlichen Beziehungen aufs Spiel. Er riskiert vielmehr, vom Vermieter umgehend vor die Tür gesetzt zu werden. Gleiches gilt für Beleidigungen und Kränkungen des Vermieters oder seiner Angehörigen.

Kränkt etwa der Mieter den Freund der Vermieterin, kann sie grundsätzlich den Mietvertrag sofort kündigen. Das zeigt ein von Amts- und Landgericht Coburg jetzt entschiedener Fall. Beide Gerichte gaben dem Räumungsbegehren der Vermieterin statt. Ihr Mieter hatte sich im Ton vergriffen und ihren Lebensgefährten aufs Übelste beschimpft.

Gravierende Beleidigungen rechtfertigten dabei eine Vermieterkündigung ohne vorherige Abmahnung (AG Coburg, Urteil vom 25. September 2008, Az: 11 C 1036/08 und (AG Coburg vom 07.06.2004, Az: 11 C 1440/03).