Bei einem Kündigungsverzicht oder Kündigungsauschluss schließen die Vertragsparteien im Mietvertrag das Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages für eine bestimmte Zeit aus. Solange Mieter oder Vermieter keinen Anlass geben, der eine Kündigung rechtfertigt, sind beide Mietvertragsparteien also vor Kündigungen gut geschützt. Um einen Mietvertrag vor Ablauf des Kündigungsausschlusses zu beenden, kommen sechs Möglichkeiten in Betracht:
1. Ist die Vereinbarung zum Kündigungsausschluss überhaupt gültig?
2. Der Vermieter verweigert eine Untervermietung
4. Arbeitsplatzwechsel, Familienzuwachs und Co.
5. Die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
6. Sonderkündigungsrecht bei einem Mieterhöhungsverlangen
In Ballungsräumen ist der Kündigungsausschluss ein Wunsch, der eher von Wohnraummietern an uns herangetragen wird, besonders bei der Anmietung von Eigentumswohnungen, die wir als Sondereigentumsverwaltung manchmal mit betreuen. Sieht man sich den Formularmietvertrag über Wohnraummietverhältnisse des Deutschen Mieterbundes an, ist der Kündigungsverzicht des Vermieters - nur des Vermieters - sogar feste Option des Mietvertrages.
1. Ist die Vereinbarung zum Kündigungsausschluss überhaupt gültig?
Der Kündigungsausschluss im Formularmietvertrag
Ein einseitiger Kündigungsverzicht des Mieters in einem Formularmietvertrag ist ohne angemessenen Ausgleich unwirksam. Ein Mieter würde durch den einseitigen, befristeten Kündigungsausschluss ansonsten unangemessen benachteiligt. (BGH, VIII ZR 30/08)
Tipp: Ein angemessener Ausgleich kann ein Mietnachlass, eine generelle Untermieterlaubnis oder Ein- oder Umbauten, die auf Wunsch des Mieters vorgenommen wurden, sein. Für den Streitfall sollten sie die Verabredungen hierzu dokumentieren.
- Ein beidseitiger Kündigungsausschluss ist immer zulässig, auch ohne Ausgleich.
- Sowohl bei einem einseitigen als auch bei einem beidseitigen, formularmäßig vereinbarten Kündigungsverzicht, ist dieser nur bis maximal vier Jahren zulässig. (BGH, VIII ZR 86/10)
- Maßgeblich für die korrekte Berechnung des vierjährigen Kündigungsausschlusses ist das Datum des Vertragsabschlusses nicht der Beginn des Mietverhältnisses! (BGH, VIII ZR 3/05).
Beispiel: Das Mietverhältnis beginnt am 01.10.2018, der Mietvertrag wurde von den Parteien am 15.07.2018 unterschrieben. Es wurde vereinbart, dass der Vertrag von den Mietparteien frühestens zum 01.10.2022 gekündigt werden kann. Diese Vereinbarung ist unwirksam, da der Kündigungsverzicht die 4-Jahresgrenze um den Zeitraum 15.07.2018 bis 01.10.2018. überschreitet. Der Mieter kann jederzeit mit der gesetzlichen Frist von drei Monaten kündigen.
Mieter und Vermieter sollten auf die Formulierung zur erstmaligen Kündigung achten! Steht im Mietvertrag z.B. "Zulässig ist hierbei eine Kündigung erstmals „zum Ablauf des bezeichneten Zeitraums“ ist diese Vereinbarung wasserdicht. Nicht zulässig ist die Formulierung „nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums", da sie den zulässigen Bindungszeitraum von vier Jahren um drei Monate verlängert. (BGH, Az.: VIII ZR 23/16)
Studenten und Studentinnen
Ein Sonderfall gilt bei der Vermietung an Studenten: So erklärte das BGH einen Kündigungsausschluss von zwei Jahren im Mietvertrag mit einem Studenten für unwirksam (Az.: VIII ZR 307/08). Durch den Kündigungsverzicht werde der Mieter unangemessen benachteiligt, da bei Studenten zum Beispiel wegen eines möglichen Studienplatzwechsels eine größere Flexibilität erforderlich sei.
Der Kündigungsauschluss in einer Individualvereinbarung
Individuelle Abreden sind mit den gängigen Formularmietverträgen nur in engen Grenzen abbildbar, deshalb greifen Vermieter gerne zur Individualvereinbarung.
- In Verbindung mit einer Staffelmiete kommt § 557a Abs. 3 BGB zum tragen, ein Verzicht kann für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden. Was darüber hinausgeht ist unwirksam.
- Wurde keine Staffelmiete vereinbart, können individuell weitaus längere Kündigungsausschlüsse ausgehandelt werden. Dies gilt auch bei einem einseitigen Kündigungsverzicht zu Lasten des Mieters.
Die einschlägigen Vorschriften des § 307 BGB (Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.) sind nicht anwendbar, da sie nur eine Regelung für Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten. (BGH, VIII ZR 30/08).
Eine Grenze wird bei einem individuell vereinbarten Kündigungsausschluss nur durch § 138 BGB (Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher) gesetzt, etwa bei Ausnutzung einer Zwangslage einer Partei oder beim Vorliegen sonstiger Umstände, die der Vereinbarung den Charakter eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts geben. Die individuelle Vereinbarung eines dauerhaften Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ist daher grundsätzlich möglich. (BGH, VIII ZR 200/17)
Lassen sie ihre mietvertragliche Vereinbarung zum Kündigungsausschluss von einem Mieterverein oder Rechtsanwalt prüfen! Ist die Klausel unwirksam, ist das Mietverhältnis automatisch unbefristet und kann mit der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet werden (§ 573c BGB).
2. Der Vermieter verweigert eine Untervermietung
Der Mieter konfrontiert den Vermieter mit dem Wunsch einen Untermieter aufzunehmen. Besteht ein berechtigtes Interesse und der Vermieter weigert sich, hat er sein Ziel erreicht und kann die Wohnung außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen. (§ 540 Abs. 1 Satz 2 BGB)
3. Stellung eines Nachmieters
So mancher Mieter ist der Auffassung, dass er nur einen geeigneten Nachmieter suchen muss und der Kündigungsausschluss ist hinfällig. So einfach ist es nicht. Wurde im Mietvertrag nichts Gegenteiliges vereinbart, besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Aufhebung des Mietvertrages bei Stellung eines zumutbaren Nachmieters/Ersatzmieters. Der Mietvertrag sollte also hinsichtlich einer Nachmieterklausel geprüft werden, ansonsten gilt für den Mieter der Grundsatz „Verträge sind einzuhalten“.
Denkbar ist ein Aufhebungsvertrag, mit dem das Mietverhältnis trotz eines wirksamen Kündigungsverzichts beendet werden kann. Die gleichzeitige Stellung eines geeigneten Nachmieters kann hier Wunder wirken.
Die Suche nach einem geeigneten Nachmieter ist dabei allein Aufgabe des Mieters
Das heißt konkret, der Mieter muss Inserate aufgeben, Besichtigungstermine durchführen (auch wenn er schon verzogen ist) und alle Informationen einholen, die es dem Vermieter ermöglichen, sich ein hinreichendes Bild über die Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters zu machen. Ein besonderes Augenmerk sollten Mieter auf die Einkommensverhältnisse des Nachmieters richten. Der Vermieter kann verlangen, dass die Einkommensverhältnisse vergleichbar gut zu denen des Mieters sind, damit das Mietausfallrisiko des Vermieters nicht steigt (BGH VIII ZR 247/14). Lieber zu viel als zu wenig! Sind die Unterlagen zu ihrem Nachmieter nicht aussagekräftig genug, kann der Vermieter den Vorschlag ablehnen und es besteht das Risiko, dass die Miete weitergezahlt werden muss.
4. Arbeitsplatzwechsel, Familienzuwachs und Co.
Möchte der Mieter den vertraglich vereinbarten Kündigungsausschluss umgehen, muss er sein berechtigtes Interesse an der Aufhebung des Mietvertrages glaubhaft darlegen. Sein Interesse an der Vertragsbeendigung muss dabei deutlich schwerer wiegen als das Interesse des Vermieters, am Vertrag festzuhalten.
Kein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn der Mieter eine bessere, billigere oder verkehrsgünstigere Wohnung gefunden hat!
In Frage kommen:
- Arbeitsplatzwechsel: Grundsätzlich besteht aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels erst einmal kein Recht zur außerordentlichen Kündigung.
- Familienzuwachs führt dazu, dass die Wohnung zu klein wird.
- Eine Übersiedlung in ein Alters- oder Pflegeheim ist notwendig.
In den genannten Fällen kann eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist (573d BGB) in Frage kommen, dies sollte jedoch vor einer Kündigung anwaltlich geprüft werden. Idealerweise loten sie zuerst bei ihrem Vermieter die Möglichkeit zur Stellung eines Nachmieters und/oder die Vereinbarung zu einem Aufhebungsvertrag aus.
5. Die außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Wenn ein Mieter wegen jeder „Kleinigkeit“ abmahnt und auch noch die Miete mindert, könnte es daran liegen, dass er auf eine „fristlose Kündigung aus wichtigem Grund“ hinarbeitet. Denn, das Recht zur außerordentlichen Kündigung wird von einem Kündigungsausschluss im Mietvertrag nicht berührt. Somit besteht auch bei einem wirksamen und rechtskräftig vereinbarten Kündigungsverzicht die Möglichkeit, das Wohnraummietverhältnis mit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung (entsprechend § 543 BGB, § 569 BGB) zu beenden.
„Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“ (§ 543 Abs. 1 BGB)
Wenn wir von Fällen wie unbefugtes Betreten der Wohnung durch den Vermieter mit Zweitschlüssel, schwerer Beleidigung, tätlicher Angriff oder Bedrohung absehen, kommen folgende massive Pflichtverletzungen in Betracht:
- Erhebliche Mängel an der Mietsache
- Erhebliche Gesundheitsgefährdung
- Nachhaltige Störung des Hausfriedens
- Erhebliche Umbauarbeiten im Haus
- Mangelnde Heizleistung
- Ungezieferbefall
Aber auch hier gilt: Nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB muss in der Regel vor einer außerordentlichen fristlosen Kündigung dem Vermieter eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung eingeräumt oder eine Abmahnung erklärt werden.
6. Sonderkündigungsrecht bei einem Mieterhöhungsverlangen
In fast jedem Mietvertrag inklusive Kündigungsausschluss wird auch eine Staffel- oder Indexmietvereinbarung mit festgezurrt. Der Grund ist ganz einfach: Wurde der Ausschluss einer Mieterhöhung nicht ausdrücklich vereinbart (§ 557 Abs. 3 BGB), darf der Vermieter die Miete nach den gesetzlichen Vorgaben erhöhen. Dies geschieht mit Hilfe des Vergleichsmietverfahrens und ist die Chance für den Mieter aus dem ungeliebten Vertrag herauszukommen. Denn, in diesem Fall steht ihm ein Sonderkündigungsrecht zu (§ 561 BGB). Er kann nun bis zum Ablauf des zweiten Monats nach dem Zugang der Erklärung des Vermieters das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen und muss den Kündigungsausschluss nicht beachten. Beispiel: Geht ihm im Laufe des Januars die Mieterhöhung zu, kann er spätestens bis zum 31. März kündigen und muss die Wohnung bis zum 31. Mai räumen.
Ordentlich, erleichtert, außerordentlich fristgebunden, außerordentlich fristlos – die gesetzlichen Begriffe, die bei einer Kündigung eine Rolle spielen, sind verwirrend und werden oft verwechselt. Wir skizzieren die 4 Kündigungsmöglichkeiten für Wohnraummietverhältnisse.
Die 4 Möglichkeiten zur Wohnraumkündigung