Schonfristzahlung schützt nicht vor ordentlicher Kündigung

Kündigt ein Vermieter seinem Mieter fristlos, weil er mit den Mietzahlungen in Verzug ist, lässt der nachträgliche Ausgleich der Rückstände zwar die fristlose Kündigung unwirksam werden (Schonfrist), die oft neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstands (§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 573c BGB) steht aber noch im Raum. Die Gerichte können, zumindest nach Abwägung aller Umstände, der ordentlichen Kündigung mit ihren längeren Fristen zustimmen. Nachdem der Bundesgerichtshof diese Praxis im Jahr 2005 bejaht hatte, war dies für viele Vermieter die übliche Vorgehensweise, um Mieter trotz Ausgleich der Zahlungsrückstände doch noch loszuwerden.

In Berlin hatten nun zwei Mieter gegen dieses Verfahren geklagt. Sie hatten die von ihnen geschuldeten Mieten an zwei aufeinander folgenden Monaten nicht entrichtet, woraufhin die jeweiligen Vermieter die fristlose und gleichzeitig hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs erklärten. In beiden Fällen beglichen die Beklagten nach Zugang der Kündigungserklärung die bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände. Die fristlosen Kündigungen waren damit vom Tisch, die Amtsgerichte erklärten die gleichzeitig ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen jedoch für wirksam. Dagegen wehrten sich die beiden Mieter vor dem Landgericht Berlin und bekamen zunächst Recht. 

Die ordentliche Kündigung steht weiter im Raum

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat klargestellt, dass auch eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs zur Beendigung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist führen kann, wenn die durch den Vermieter unter Berufung auf denselben Sachverhalt vorrangig erklärte und zunächst auch wirksame fristlose Kündigung durch eine vom Mieter nach Zugang der Kündigungserklärung vorgenommene Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird.

 

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In einer solchen Situation kommt eine gleichzeitig mit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Geltung. Denn ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise oder vorsorglich eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen eines aufgelaufenen Zahlungsrückstands ausspricht, erklärt diese nicht nur für den Fall einer bereits bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen Unwirksamkeit der vorrangig erfolgten fristlosen Kündigung. Vielmehr bringt er damit aus objektiver Mietersicht regelmäßig weiterhin zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann zum Zuge kommen soll, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstands wie einer unverzüglichen Aufrechnung durch den Mieter (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB), einer sog. Schonfristzahlung oder einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nachträglich unwirksam wird. 

Das Argument des Landgerichtes Berlin zieht nicht

Der Argumentation des Landgerichtes Berlin, das die Ansprüche des Vermieters auf Räumung und Herausgabe der betreffenden Mietwohnungen aufgrund der wirksamen außerordentlichen fristlosen Kündigung zwar zunächst entstanden, jedoch noch vor Klageerhebung aufgrund der vollständigen Begleichung der Mietrückstände nachträglich erloschen (Schonfristzahlung) und die daneben hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung demgegenüber "ins Leere" läuft, weil das Mietverhältnis bereits durch den Zugang der wirksam ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigung ein sofortiges Ende gefunden habe, schließt sich der BGH nicht an.

Das Landgericht Berlin hat die bei der Auslegung einer Kündigungserklärung zu beachtenden rechtlichen Zusammenhänge außer Acht gelassen und einen einheitlichen natürlichen Lebenssachverhalt künstlich in einzelne Bestandteile aufgespalten.

Aus den vorgenannten Gründen hat der Senat die Berufungsurteile in beiden Verfahren aufgehoben und die Sachen jeweils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit dieses nunmehr Feststellungen dazu treffen kann, ob die jeweils hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen die gesetzlichen Anforderungen für das Vorliegen eines Kündigungsgrunds erfüllen und ob gegebenenfalls der kurze Zeit nach Zugang der Kündigung erfolgte Ausgleich der Rückstände bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentlichen Kündigungen als treuwidrig erscheinen lässt.

BGH, Urteile vom 19. September 2018 - VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17

Urteile

Mietspanne muss bei Mieterhöhung beachtet werden!

Ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen nach dem Vergleichsmietverfahren ist gegeben, wenn der Vermieter unter zutreffender Einordnung der Wohnung des Mieters in die entsprechende Kategorie des Mietspiegels, die dort vorgesehene Mietspanne richtig nennt und die erhöhte Miete angibt.

Liegt die verlangte Miete jedoch oberhalb der im Mietspiegel ausgewiesenen Mietspanne, so ist das Erhöhungsverlangen insoweit unbegründet, als es über den im Mietspiegel ausgewiesenen Höchstbetrag hinausgeht.

BGH, Urteil vom 12. November 2003, VIII ZR 52/03

Klarheit schafften die Richter des Bundesgerichtshofes auch für den Fall, dass der Vermieter die Nettomiete innerhalb der Mietpreisspanne anheben will.