Ein Vermieter kann einen unbebefristeten Wohnraummietvertrag nur in sehr engen Grenzen kündigen, hierzu gehört u.a. die Verwertungskündigung. Bei der Verwertungskündigung geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein Eigentümer durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert wird und ihm dadurch erhebliche Nachteile entstehen. Die Möglichkeit, durch eine Neuvermietung eine höhere Miete zu erzielen, fällt jedoch nicht unter die Verwertungskündigung.
4 Voraussetzungen
Bei der Verwertungskündigung müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein, fehlt ein Merkmal ist die Kündigung des Mietverhältnisses unwirksam:
- Der Eigentümer hat die Absicht einer anderen Verwertung der Immobilie
Das Haus oder die Wohnung muss aus finanziellen Grünen verkauft werden.
Grundlegende Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahmen.
Die Zusammenlegung mehrere Kleinwohnungen zu einer großen Wohnung oder die Aufteilung einer Großwohnung in mehrere Kleinwohnungen.
Der Abriss des Gebäudes, um auf dem Grundstück einen Neubau zu errichten. - Diese andere Verwertung ist angemessen für die Immobilie
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Verwertung angemessen, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird (BGH NJW 2011, 1135). - Durch den Mietvertrag ist der Eigentümer an dieser angemessenen Verwertung gehindert
Das Mietverhältnis muss der Verwertung entgegenstehen, eine Erschwerung der Verwertung genügt nicht. - Durch diese Hinderung entstehen dem Eigentümer wirtschaftliche Nachteile
Beispiele
| Verkauf des Objektes
Hiervon betroffen sind hauptsächlich Eigentumswohnungen. Muss ein Eigentümer seine Eigentumswohnung aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen, kann eine Kündigung des Mietverhältnisses in engen Grenzen zulässig sein, um einen höheren Kaufpreis zu erzielen. In folgenden Fällen entschieden die Gerichte zugunsten des Eigentümers.
- Der Verkaufserlös sollte zur Finanzierung des Wohnhauses des Vermieters verwendet werden (LG Trier, Urteil vom 05.02.1991, Az. 1 S 161/90).
- Der Vermieter hatte geschäftliche Schulden. Der Verkauf sollte die Schulden tilgen (LG Mannheim, Urteil vom 26.04.1995, Az. S 272/94).
- Den monatlichen Belastungen des Vermieters von rund 4.800 EUR stehen nur Mieteinnahmen von monatlich 2.000 EUR gegenüber (LG Krefeld, Urteil vom 10.03.2010, Az. 2 S 66709).
Ferner kann ein Eigentümer die Verwertungskündigung aussprechen, wenn der Verkauf in vermietetem Zustand wirtschaftlich sinnlos ist. Bei folgenden Mindererlösen bejahten die Amts- und Landgerichte eine Kündigung des Mietverhältnisses:
- 15% (AG Hamburg, Urteil vom 24.05.2005, Az. 48 C 493/03)
- 25 % (AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 03.05.2006, Az. 517 C 25/04)
- 30% (LG Berlin, Beschluss vom 13.02.2014, Az. 67 S 475/13)
- 50% (LG Berlin, Urteil vom 29.03.2010, Az., 67 S 338/09)
Die alte Maklerweisheit, dass eine unvermietete Eigentumswohnung immer zu einem höheren Preis verkauft werden kann, reicht als Begründung für die Kündigung nach § 573 Abs. 2 BGB nicht aus. In der Verwertungskündigung muss der voraussichtliche Mindererlös mit Zahlen, Daten und Fakten begründet werden (AG Aachen, Beschluss vom 26.08.2009, Az. 110 C 202/2009).
Hat der Eigentümer eine vermietete Eigentumswohnung zu einem überhöhten Preis erworben, kann er nicht mit dem Argument kündigen, dass er die Wohnung leer stehend verkaufen muss, um den Einkaufspreis zu erzielen (AG Hamburg WuM 1991, 696).
| Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, Umgestaltung
Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind angemessen, wenn hierdurch Wohnverhältnisse geschaffen werden, wie sie allgemein üblich sind.
Möchte ein Eigentümer das Gebäude grundlegend umgestalten, um es wirtschaftlich besser nutzen zu können, ist dies angemessen, wenn die bisherige Nutzung unrentabel ist. Dies setzt allerdings voraus, dass durch die gegenwärtige Nutzung Verluste erzielt werden und das ein Umbau diese Verluste vermeiden kann.
Es liegt keine „Verwertung“ vor, wenn der Eigentümer kündigt, weil er bei Fortsetzung des Mietverhältnisses umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen durchführen müsste.
| Abriss des Gebäudes
Eine solche Maßnahme ist angemessen, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird. Grundsätzlich wird vorausgesetzt, dass nach dem Abriss des Gebäudes wieder neu gebaut wird.
„Bei einer Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB wegen eines geplanten Abrisses und Neubaus ist dem Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB Genüge getan, wenn dem Mieter mitgeteilt wird, aus welchen Gründen der Vermieter die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant. Damit erhält der Mieter eine ausreichende Grundlage für die von ihm zu treffende Entscheidung, ob er der Kündigung widersprechen oder sie hinnehmen will. Es bedarf zur Begründung einer Verwertungskündigung im Rahmen des § 573 Abs. 4 BGB keiner Vorlage von Wirtschaftlichkeitsberechnungen, etwa zu einer "Sanierungsalternative"
| BGH, Urteil vom 09.02.2010, Az. VIII ZR 155/10