Weshalb soll die Gasumlage erhoben werden?
Viele Gaslieferungen aus Russland, die bisher vertraglich zugesichert waren, fallen weg. Die betroffenen Gasimporteure müssen diese Mengen nun ersetzen bzw. neu einkaufen, um ihren Lieferpflichten gegenüber Energieversorgungsunternehmen (etwa Stadtwerken) nachzukommen – allerdings zu wesentlich höheren Kosten. Zunehmend fehlen den betroffenen Gasimporteuren dazu die Mittel, weil sie aufgrund von vertraglichen Regeln die höheren Preise zum jetzigen Zeitpunkt nicht an ihre Kunden weitergeben können. Hierdurch entstehen einigen Gasimporteuren erhebliche Verluste, die sie nur zeitlich begrenzt decken können.
Wenn die Verluste zu groß sind, droht die Insolvenz dieser Unternehmen und damit der Zusammenbruch der Gasversorgung von privaten und gewerblichen Verbrauchern insgesamt. Gehen mehrere Importeure pleite, können viele Energieversorger kein Gas mehr beziehen und ihre eigenen Verträge nicht oder nicht mehr vollständig erfüllen. Die Lieferausfälle könnten also sowohl weitere Insolvenzen nach sich ziehen als auch die Gasversorgung erheblich stören oder unterbrechen. Genau das gilt es staatlicherseits zu vermeiden.
Der Staat greift ein, § 26 Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung (EnSiG)
Ab Oktober 2022 haben die Gasimporteure die Möglichkeit für die zusätzlichen Kosten zur Beschaffung von Ersatzgas einen finanziellen Ausgleich zu erhalten, und das für einen begrenzten Zeitraum. Bis Ende September müssen die Unternehmen die höheren Kosten alleine tragen.
Um den Ausgleich zu finanzieren, wird ein Großteil der Zusatzkosten für das Ersatzgas von Oktober an über eine Umlage auf möglichst viele Schultern verteilt – zunächst auf die der Energieversorger, die frei sind, diese Kosten dann an die privaten und gewerblichen Endverbraucherinnen und Endverbraucher weiterzugeben. Die dafür nötige Rechtsverordnung ist an enge Voraussetzungen geknüpft. Der Mechanismus ist zeitlich bis zum 1. April 2024 befristet.
Die Umlage ist für alle Gas-Lieferanten (gerechnet in Cent pro Kilowattstunde) gleich hoch. Die § 26 EnSiG-Umlage soll damit eine faire Verteilung der Lasten auf viele Schultern ermöglichen.
Wonach richtet sich die Höhe der Gas-Umlage?
Die Höhe der Umlage hängt von der Zahl und Höhe der geltend gemachten finanziellen Ausgleichsansprüche der Gasimportuere ab. Das Volumen der Umlage wird zudem stark von der Marktpreisentwicklung sowie von der zu ersetzenden Menge abhängen. Erste überschlägige Berechnungen zeigen, dass die Umlage eine Höhe von etwa 1,5 bis 5 ct pro Kilowattstunde für einen Bemessungszeitraum von einem Jahr haben könnte. Dabei ist insbesondere eine gewisse Unsicherheit mit Blick auf die Mehrkosten der Ersatzbeschaffung bzw. die Entwicklung der Marktpreise berücksichtigt, wobei sich Preisdifferenzen am oberen Rand vermutlich auch nur in wenigen Monaten realisieren werden. Die Umlagehöhe hängt auch davon ab, wie sich die Ersatzkäufe zeitlich verteilen, über welchen Bemessungszeitraum die Umlage angesetzt wird, und wie stark die Einsparungen ausfallen, die durch die Umlagehöhe und weitere Maßnahmen bewirkt werden.
In welchem Zeitraum wird die Umlage erhoben?
Die Umlage greift zum 1. Oktober 2022 und soll am 1. April 2024 enden. Die Umlage wird monatlich abgerechnet und kann alle drei Monate angepasst werden. Sollte Russland seine vertraglich zugesicherten Mengen wieder vollumfänglich erfüllen, wird die Preisanpassung auf null gesetzt.
Bereits jetzt erhöhen Unternehmen die Preise für die Verbraucher. Würde die Umlage noch zusätzlich darauf kommen oder wird sie verrechnet?
Die Umlage fällt zusätzlich an.
Wie wird mit Festverträgen umgegangen, die keine zusätzlichen Umlagen oder Erhöhungen zulassen?
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) prüft diese Frage derzeit.
Sind auch Fernwärmekunden von der Umlage betroffen?
Derzeit sind Fernwärme-Kunden nicht erfasst. Die Frage wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) derzeit geprüft.
Wann wird die Höhe der Umlage bekannt gegeben?
Die Höhe der Umlage soll am 15. August 2022 auf der Homepage von Trading Hub Europe (THE) veröffentlicht werden. Ihre Höhe wird immer wieder überprüft und richtet sich nach der Höhe der Ersatzbeschaffungskosten.
Wann wird die Umlage erstmals auf der Rechnung des Kunden sichtbar?
Die Umlage gilt ab dem 1.10.2022. Sie wird aber nicht unmittelbar auf den Rechnungen sichtbar werden, sondern mit etwas Zeitverzug, denn es gibt aus Verbraucherschutzgründen Ankündigungsfristen im Energiewirtschaftsgesetz von 4- 6 Wochen, die eingehalten werden müssen. Daher wird die Umlage mit etwas Zeitverzug wahrscheinlich erstmals im November/Dezember auf den Rechnungen ausgewiesen werden.
Die Umsatzsteuer
Bis jetzt is unklar, ob für die Umlage auch 19 Prozent Umsatzsteuer erhoben werden. Aus 5 Cent Gasumlage plus Mehrwertsteuer würden dann 5,95 Cent, aus 1.000 Euro Mehrbelastung 1.190 Euro. Rechtlich gesehen gibt es keinen Grund für eine Ausnahme. Die Bundesregierung will dies jedoch vermeiden und prüft derzeit Wege, um auf die Steuer zu verzichten.
Welche Unternehmen können höhere Ersatzbeschaffungskosten geltend machen?
Antragsberechtigt für den Kostenausgleich sind nur Importeure von Erdgas nach Deutschland – nicht etwa alle Energieversorgungsunternehmen. Sie müssen von einem Ausfall von Gasimportverträgen und entsprechenden Mengen unmittelbar betroffen sein. Die Verträge müssen eine Lieferung in das deutsche Gasmarktgebiet vorsehen. Erfasst sind zudem nur Bestandsverträge, die vor dem 1. Mai 2022 abgeschlossen wurden. Die Regeln gelten auch nur zur Erfüllung von Lieferpflichten der Importeure, die am Tag des Inkrafttretens der Verordnung bestanden.
Erst für ausgefallene Lieferungen ab dem 1.10.2022 können Gasimporteure die Differenz aus dem Bezugspreis für die ausgefallenen Liefermengen und den Kosten der ersatzbeschafften Mengen bis zu 90 Prozent erstattet bekommen.
Wer prüft die Berechnung der Zusatzkosten?
Die Gasimporteure müssen die entstandenen Mehrbeschaffungskosten von einem Wirtschaftsprüfer oder weiteren in der Verordnung genannten Prüfern testieren lassen und nur diese tatsächlichen Mehrbeschaffungskosten können von den Gasimporteuren geltend gemacht werden. Daneben hat die Bundesnetzagentur als unabhängige Behörde eine Überwachungsfunktion.
Sollen auch die Gaskunden entlastet werden?
Die Bundesregierung hat angesichts der hohen Preise bereits zwei Entlastungspakete auf den Weg gebracht Es sollen weitere Entlastungen folgen. Dabei sollen besonders jene zu unterstützt werden, die wenig Geld haben und daher besonders unter den Preissteigerungen leiden. Zu den bislang vereinbarten, neuen Entlastungen gehört eine Reform des Wohngeldes und eine Einführung des Bürgergelds.
Außerdem sollen die Kündigungsschutzregeln für Mietwohnungen und Energieverträge überprüft werden, so dass überforderten Mietern der Mietvertrag oder Energiekunden der Liefervertrag nicht gekündigt wird.
Welche Hilfe erhalten Unternehmen?
Die Bundesregierung hat sich am 22.7.2022 darauf verständigt, den Schutzschirm für Unternehmen, die wegen der hohen Energiepreise in Schwierigkeiten geraten sind, im Einklang mit dem EU-Beihilferecht zu verlängern. Dazu zählen die Kreditlinien der KfW; die Bürgschaftsprogramme, die Zuschüsse für besonders energieintensive Unternehmen sowie staatliche Eigenkapitalhilfen für systemrelevante Unternehmen. Diese Arbeiten an der Verlängerung des Schutzschirms laufen aktuell.