Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil erklärt, wie eingehende Gelder des Mieters bei bestehenden Zahlungsrückständen zu verrechnen sind (BGH, Urteil v. 21.03.18, Az. VIII ZR 84/17). Dabei stellte der BGH klar, dass die Verrechnung der Zahlungseingänge mit rückständigen Mieten nicht nach eigenem Gutdünken vorzunehmen ist. Es gibt hierzu eine eigene gesetzliche Regelung, zu finden in § 366 BGB.
1. Der Mieter bestimmt auf der Überweisung wofür er bezahlt
Ihr Mieter kann selbst entscheiden, wofür er zahlt. Steht auf der Überweisung "Miete August" dürfen sie den Zahlungseingang nicht unter der noch ausstehenden Julimiete verbuchen.
2. Nach den Umständen der Zahlung
Auf der Überweisung ihre Mieters findet sich kein Verwendungszweck. Trotzdem kann sich eine Zuordnung der Zahlung möglicherweise aus dem Zeitpunkt der Zahlung oder dem gezahlten Betrag ergeben. Dies ist zu berücksichtigen.
Beispiel Zeitpunkt der Zahlung: Der Mieter überweist Anfang Juni pünktlich die Miete. Auch wenn die Miete für den Monat Mai noch aussteht, ist der Betrag wegen des Zahlungszeitpunktes unter dem Monat Juni zu verbuchen.
Beispiel Höhe der Betrages: Die Maimiete von 800 Euro und eine Betriebskostennachzahlung in Höhe von 245 Euro sind offen. Zahlt der Mieter Ende Juni 245 Euro, will er offensichtlich die Betriebskosten begleichen. Zahlt er 800 Euro, begleicht er die Miete.
3. Gesetzliche Tilgungsreihenfolge
Zu guter Letzt haben wir den Fall der Überweisung ohne Verwendungszweck; auch eine Zuordnung der Zahlung lässt sich aus den Umständen nicht erkennen. Hier greift nun die gesetzliche Tilungsreihenfolge des § 366 BGB. Nach der aktuellen BGH-Entscheidung gilt dann Folgendes:
Der Mieter überweist einen Betrag, der geringer ist als die geschuldete Monatsmiete. Sie verrechnen die Zahlung zunächst auf die Betriebskostenvorauszahlung und nur einen darüber hinausgehenden Betrag auf die Kaltmiete. Denn bei den Betriebskostenvorauszahlungen handelt es sich um eine Forderung mit „geringerer Sicherheit“. Es werden also nicht etwa Kaltmiete und Betriebskosten anteilig getilgt.
Beispiel: Die Miete beträgt 800 Euro und setzt sich aus der Kaltmiete in Höhe von 600 Euro und den Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 200 Euro zusammen. Der Mieter überweist 500 Euro. Diese rechnen sie zu 200 Euro auf die Betriebskosten und zu 300 Euro auf die Kaltmiete an. Damit sind noch 300 Euro Kaltmiete offen.
Was tun, wenn der Mieter mit mehreren Mieten im Rückstand ist?
In diesem Fall verrechnen Sie die Zahlung zunächst mit allen offenen Betriebskostenvorauszahlungen, beginnend mit der ältesten, und erst einen dann noch verbleibenden Rest mit den Kaltmieten, ebenfalls beginnend mit der ältesten ausgebliebenen Kaltmiete.
Die Urteilsbegründung zur Tilgungsreihenfolge bei Zahlungsrückständen
"Die Vorschrift des § 366 Abs. 2 BGB ist zur Festlegung heranzuziehen, auf welchen Bestandteil der jeweiligen Bruttomiete (Nettomiete oder geschuldete Nebenkostenvorauszahlung) die Zahlungen oder Gutschriften zu verrechnen sind. Dabei ist ... das Kriterium der "geringeren Sicherheit" maßgebend. Dies führt dazu, dass für die Tilgung der jeweiligen Bruttomiete unzureichende Zahlungen oder Gutschriften zunächst auf die darin enthaltene Forderung auf Erbringung von Nebenkostenvorauszahlungen anzurechnen sind, weil diese nach Eintritt der Abrechnungsreife oder erfolgter Abrechnung grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden kann und daher weniger sicher ist als die Nettomietforderung."
Wenn das Abrechnungsjahr vorbei ist
Hier unterläuft vielen Vermietern ein Fehler. Sie dürfen Betriebskostenvorauszahlungen nur verlangen, bis sie die Betriebskostenabrechnung erstellt haben oder bis die Jahresfrist für ihre Abrechnung abgelaufen ist. Buchen sie die Vorauszahlungen aus ihrem Mietkonto aus und ersetzen sie sie durch die Nachforderung aus der erteilten Abrechnung. So vermeiden sie inhaltlich falsche Verrechnungen.
Saldoklage
Viele Vermieter verbuchen alle Zahlungen ihres Mieters auf einem Konto. Egal, ob es sich um Kaltmieten, Betriebskostenvorauszahlungen, Mietminderungen, Mahnkosten oder Guthaben bzw. Nachzahlungen aus vergangenen Abrechnungen handelt. Das kann unübersichtlich werden. Irgendwann wird der Saldo des Mietkontos dann eingeklagt. Das ist in Ordnung laut BGH, allerdings muss aus der Aufstellung oder durch ergänzende Erklärungen deutlich werden:
- um welchen Zeitraum handelt es sich bei dem Saldo,
- welche Forderungen mit welchen Beträgen sind in dem Mietkonto enthalten, also etwa Mieten, Mahngebühren, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten etc.,
- wie setzt sich die vom Mieter monatlich zu zahlende Miete zusammen: Grundmiete, Betriebskostenvorauszahlungen, Garagenmiete etc.,
- in dem Saldo sind keine Betriebskostenvorauszahlungen mehr enthalten, auf die Sie wegen Ablaufs der Abrechnungsfrist keinen Anspruch mehr haben.
§ 366 Anrechnung der Leistung auf mehrere Forderungen
(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.
(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.