In vielen Mietobjekten werden sowohl Gewerbeeinheiten als auch Wohnungen vermietet. Bei dieser Mischnutzung kann es notwendig sein, vor der Betriebskostenabrechnung für die Wohnraummieter die Gesamtkosten einer Kostenart um den gewerblichen Kostenanteil zu bereinigen, da sonst die Wohnraummieter mit Kosten belastet werden, die sie nicht verursacht haben. So ist es beispielsweise nicht unüblich, dass Gebäudeversicherer für den gewerblich vermieteten Teil eine höhere Prämie verlangen oder die Kommunen eine höhere Grundsteuer. Dieser gewerbliche Kostenanteil muss also zuvor ermittelt und von den Gesamtkosten abgezogen werden. Diese Berechnung wird Vorwegabzug genannt.
Beispiel
Im Hof ihres Anwesens hat eine Schreinerei eine Lagerhalle und diverse Stellplätze angemietet. Die jährliche Gebäudeversicherung für das gesamte Objekt beträgt 3.200 EUR. Auf Nachfrage teilt Ihnen der Gebäudeversicherer mit, dass von der Beitragssumme 55% auf den Gewerbeanteil entfallen und 45% auf den Wohnraum.
Laut Angabe des Versicherers XY verteilen sich die Kosten der Gebäudeversicherung wie folgt.
Kosten der Gebäudeversicherung | 3.200 Euro | |
Anteil Wohnraum laut Versicherer | 45% | 1.440 Euro |
Anteil Gewerbe laut Versicherer | 55% | 1.760 Euro |
Die Kosten der Wohneinheiten werden nach dem mietvertraglich vereinbarten Verteilerschlüssel umgelegt. Die Gewerbeeinheit wird mit den ermittelten Kosten des Gewerbeanteils belastet.
Einen Vorwegabzug müssen sie nicht mehr ausweisen
Mussten früher die Gesamtkosten und ihre Aufteilung in der Betriebskostenabrechnung dargestellt werden, können Sie sich diese Arbeit seit 2016 sparen. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung hierzu aufgegeben.
Es genügt nun, wenn Sie den relevanten umlegbaren Kostenanteil in Ihrer Abrechnung angeben, weitergehende Erläuterungen sind nicht notwendig. Möchte ein Mieter Details erfahren, kann und muss er die Belege einsehen.
Betroffen sind von dieser Erleichterung vor allem folgende Fälle:
- Ihr Hausmeister führt teils umlagefähige Arbeiten, teils nicht umlagefähige Verwaltungsarbeiten aus.
- Einzelne Einheiten werden gewerblich genutzt, sodass ein Vorwegabzug notwendig ist.
- Gartenpflege oder Hausmeisterkosten werden für mehrere Gebäude mit einem einheitlichen Betrag in Rechnung gestellt, sodass Sie zunächst eine Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Gebäude vornehmen müssen.
Zur formellen Ordnungsgemäßheit einer Betriebskostenabrechnung genügt es hinsichtlich der Angabe der "Gesamtkosten", wenn der Vermieter bei der jeweiligen Betriebskostenart den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter diesen Gesamtbetrag vorab um nicht auf den Mieter umlagefähige Kostenanteile bereinigt hat; einer Angabe und Erläuterung der zum angesetzten Gesamtbetrag führenden Rechenschritte bedarf es nicht (Aufgabe der Senatsrechtsprechung; vgl. Senatsurteile vom 14. Februar 2007 -VIII ZR 1/06 und vom 9. Oktober 2013 -VIII ZR 22/13). BGH, Az.: VIII ZR 93/15
Wann muss ich einen Vorwegabzug vornehmen?
Hier sind bei preisfreiem Wohnraum zunächst die Mietverträge zu prüfen. Haben sie ihrem Mieter vertraglich einen Vorwegabzug zugesichert, müssen sie ihn auch durchführen (BGH VIII ZR 251/05 NZM 2007, 83). Möchten sie sich den jährlichen Mehraufwand bei der Betriebskostenabrechnung sparen, gilt wie immer der Grundsatz "Verträge müssen eingehalten werden". Sie benötigen die Zustimmung ihres Mieters. Wurde bei preisfreiem Mietraum diesbezüglich nichts vereinbart, fällte der Bundesgerichtshof ein sehr arbeitserleichterndes Urteil.
Rechnet der Vermieter preisfreien Wohnraums über Betriebskosten in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten ab, ist – soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben – ein Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten für alle oder einzelne Betriebskostenarten jedenfalls dann nicht geboten, wenn diese Kosten nicht zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter führen (BGH, Urteil vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05).
Wann ist eine „ins Gewicht fallende Mehrbelastung“ gegeben?
Hier urteilen die Gerichte unterschiedlich. Die Spanne reicht von drei bis fünfzehn Prozent. Prüfen sie deshalb die in Frage kommenden Betriebskostenarten:
- Wären die Kosten dieser Betriebskostenart niedriger, wenn das Gewerbe als Wohnraum vermietet wäre?
- Wenn ja, fällt diese Mehrbelastung ins Gewicht?
Können Sie beide Fragen mit ja beantworten, müssen sie einen Vorwegabzug vornehmen.
Und andersherum: Vorwegabzug zugunsten der Gewerbemieter?
Auch das gibt es. Die kleine Büroeinheit mit Toilette, Waschbecken und Kaffeemaschine wird sicher nicht so viel Wasser benötigen, wie die fünfköpfige Familie. Eine BGH-Entscheidung zu diesem umgekehrten Fall existiert bisher jedoch nicht. Aber auch hier sollten sie sich aus Gründen der Fairness die beiden zuvor genannten Fragen aus Sicht des Gewerbemieters stellen.
Wer muss die Notwendigkeit eines Vorwegabzuges beweisen?
Das eine Mehrbelastung wegen des fehlenden Vorwegabzuges vorliegt, muss der Mieter beweisen (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2010, VIII ZR 251/05). Dies gilt auch dann, wenn der gewerbliche Teil flächenmäßig größer ist, als der zum Wohnen bestimmte Teil (BGH, Urteil vom 11. August 2010, VIII ZR 45/10).
Zwischenzähler zur Ermittlung des Vorwegabzuges sind zulässig
Werden verbrauchsabhängige kalte Betriebskosten - hier handelt es sich hauptsächlich um Wasserzähler oder Stromzähler - nicht für jede Einheit mittels Einzelzählern ermittelt, ist es oftmals notwendig, Zwischenzähler für die Gewerbeeinheiten einzubauen. Der Verbrauch von Wohneinheiten kann dann in der Weise ermittelt werden, dass der mittels Zwischenzähler gemessene Verbrauch eines gewerblichen Mieters von dem Gesamtverbrauch laut Hauptzähler abgezogen wird. Dann dürfen sie den nach der Differenzmethode ermittelten Gesamtverbrauch der Wohnungen nach dem Maßstab der Wohnfläche auf die einzelnen Wohnungen umlegen. Diese sogenannte Differenzmethode ist zulässig (BGH, Urteil v. 25.11.09, Az. VIII ZR 69/09).
Beispiel
Die Hofzufahrt des oben genannten Anwesens ist durch ein Rolltor gesichert. Da der Stromverbrauch des Tores und die Hausbeleuchtung über einen Zähler erfasst werden, wurde zur Messung des Stromverbrauchs für das Rolltor ein Zwischenzähler eingebaut.
Verteilung in Prozent | Kosten | ||
Jährlicher Stromverbrauch | 5.600 kWh | 600,00 Euro | |
minus Verbrauch Rolltor Gewerbe | -2.500 kWh | 45% | 270,00 Euro |
Kosten der Beleuchtung | 3.000 kWh | 54% | 321,43 Euro |
Die Kosten der Wohneinheiten werden nach dem mietvertraglich vereinbarten Verteilerschlüssel umgelegt. Die Gewerbeeinheit wird mit den Kosten des Zwischenzählers belastet.