Die jährliche Betriebskostenabrechnung ist für viele Mieterinnen und Vermieterinnen ein zentrales Thema. Wann genau wird eine eventuelle Nachzahlung fällig? Wie schnell muss ein Guthaben ausgezahlt werden? Und welche Rolle spielen Fristen und Verjährung? In diesem Artikel erfahren Sie die wichtigsten Punkte rund um Fälligkeit, Fristen, Sonderregelungen und praktische Tipps. Außerdem nennen wir drei relevante BGH-Urteile und verlinken auf weiterführende Artikel zu „Nachzahlung unter Vorbehalt“, „Aufrechnung“ sowie „Verjährung“.
1. Gesetzliche Grundlagen
Die wesentlichen Regelungen zur Betriebskostenabrechnung finden sich in § 556 BGB. Dort ist unter anderem festgelegt:
- Die Abrechnung muss dem Mieter innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums vorliegen.
- Bei Fristversäumnis kann der Vermieter keine Nachforderung mehr stellen (Ausnahme: Er hatte die Verspätung nicht zu vertreten).
- Ein Guthaben des Mieters bleibt auch nach Ablauf der 12-monatigen Frist bestehen und ist auszuzahlen.
Hinweis zur Verjährung
Neben der 12-monatigen Abrechnungsfrist spielt auch die Verjährung eine Rolle. Forderungen aus Betriebskosten verjähren in der Regel nach drei Jahren. Für detaillierte Informationen hierzu verweisen wir auf unseren separaten Artikel zur Verjährung von Betriebskostennachzahlungen.
2. Fälligkeit einer Nachzahlung
2.1 Zugang der Abrechnung
Eine Nachzahlung wird erst dann fällig, wenn die Betriebskostenabrechnung dem Mieter nachweisbar zugegangen ist und alle relevanten Angaben enthält:
- Gesamtkosten und Verteilerschlüssel (z. B. Wohnfläche, Personenzahl, Verbrauch)
- Aufschlüsselung auf die einzelnen Mieter*innen
- Verrechnung mit geleisteten Vorauszahlungen
2.2 Zahlungsfrist
Oftmals gewähren Vermieter*innen eine Prüffrist von 30 Tagen ab Erhalt der Abrechnung. Eine gesetzliche Pflicht für genau 30 Tage gibt es zwar nicht, jedoch hat sich dieser Zeitraum in der Praxis etabliert.
- Keine Einwände: Werden innerhalb der Frist keine Einwände erhoben, ist die Nachzahlung in der Regel unmittelbar danach fällig.
- Mit Einwänden: Erhebt der Mieter begründete Einwände, kann sich die Fälligkeit bis zur Klärung verzögern.
Nachzahlung „unter Vorbehalt“
Möchte ein Mieter die Nachzahlung leisten, aber seine Rechte für eine spätere Rückforderung wahren, kann er die Zahlung unter Vorbehalt tätigen.
3. Guthaben: Sofortige Auszahlung oder Frist?
Ergibt die Betriebskostenabrechnung ein Guthaben zugunsten des Mieters, darf dieser die schnelle Auszahlung erwarten. Grundsätzlich gilt:
- Sofortige Fälligkeit: Der Mieter kann die Rückzahlung verlangen, sobald die Abrechnung zugegangen und korrekt ist.
- Übliche Praxis: Auch hier gewähren viele Vermieter*innen eine kurze Frist (oft 30 Tage), um sicherzustellen, dass keine Fehler vorliegen.
4. Häufige Fragen und Sonderfälle
4.1 Was passiert bei verspäteter Abrechnung?
Liegt die Abrechnung erst nach Ablauf der 12-monatigen Frist vor, kann der Vermieter keine Nachforderung mehr stellen (es sei denn, er trägt an der Verzögerung keine Schuld). Ein Guthaben des Mieters bleibt jedoch weiterhin bestehen und ist auszuzahlen.
4.2 Mieterwechsel während des Abrechnungszeitraums
Zieht ein Mieter während des Abrechnungszeitraums aus, so erhält er die Abrechnung häufig erst, wenn der gesamte Abrechnungszeitraum abgelaufen ist. Eine Zwischenabrechnung erfolgt nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Andernfalls werden Betriebskosten anteilig auf den Mietzeitraum aufgeteilt.
4.3 Zahlungsverzug und Mahnverfahren
Kommt der Mieter seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, kann der Vermieter schriftlich mahnen. Bleibt eine Reaktion aus, steht auch der Weg über ein Mahn- oder Klageverfahren offen. Umgekehrt kann der Mieter ähnliche Schritte einleiten, falls der Vermieter ein Guthaben nicht auszahlt.
4.4 Besondere Regelungen (z. B. für Gewerbe)
In Gewerbemietverträgen oder speziellen Mietverhältnissen können abweichende Regelungen getroffen werden. Allerdings ist zu beachten, dass sogenannte „Anerkenntnisklauseln“ – also Klauseln, mit denen der Mieter die Betriebskostenabrechnung im Voraus pauschal anerkennt – in der Regel unwirksam sind. Hier lohnt sich bei Unsicherheiten die Rücksprache mit einem Fachanwalt, um Streitigkeiten vorzubeugen.
5. Aufrechnung
Aufrechnung mit Mietzahlung und Betriebskostenguthaben
Die Aufrechnung ist in den §§ 387 ff. BGB geregelt und besagt im Kern, dass zwei Personen gegenseitige Geldforderungen miteinander verrechnen können. Das bedeutet im Mietverhältnis:
- Mieter rechnet auf
- Wenn dem Mieter ein Betriebskostenguthaben zusteht, kann er dieses unter den Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB gegen fällige Mietforderungen des Vermieters aufrechnen.
- Ein Beispiel wäre, wenn der Vermieter das Guthaben nicht auszahlt und der Mieter es statt einer kommenden Mietzahlung „verrechnet“.
- Vermieter rechnet auf
- Umgekehrt kann der Vermieter ein Betriebskostenguthaben des Mieters mit dessen rückständiger Mietzahlung oder anderen fälligen Forderungen (z. B. Schadensersatzansprüchen) verrechnen.
- Voraussetzung ist auch hier, dass die Forderungen fällig, wirksam und gegenseitig bestehen.
- Voraussetzungen und Grenzen
- Fälligkeit beider Forderungen: Beide Geldforderungen (z. B. Guthaben vs. Miete) müssen zum Zeitpunkt der Aufrechnung fällig sein.
- Gegenseitigkeit: Die Ansprüche müssen zwischen denselben Personen bestehen, also zwischen exakt demselben Mieter und demselben Vermieter.
- Kein gesetzliches Aufrechnungsverbot: In manchen Fällen kann ein Vertrag oder das Gesetz (z. B. bestimmte Regelungen zum Pfändungsschutz) die Aufrechnung einschränken.
- Form: Keine besondere Schriftform: Zwar verlangt das Gesetz keine Schriftform, in der Praxis ist es aber immer ratsam, die Aufrechnung schriftlich zu erklären, damit beide Seiten Klarheit haben.
In der Praxis kann die Aufrechnung sinnvoll sein, um Zahlungswege zu verkürzen oder unnötige Hin- und Her-Überweisungen zu vermeiden. Allerdings sollte man stets sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, um rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine Rechtsberatung (z. B. durch einen Fachanwalt für Mietrecht oder Mietervereine).
6. Drei wichtige BGH-Urteile
- BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 57/04
Bestätigung, dass Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung dem Mieter grundsätzlich zeitnah auszuzahlen sind und dass Verzögerungen seitens des Vermieters nur ausnahmsweise gerechtfertigt sein können. - BGH, Urteil vom 31.10.2007 – VIII ZR 261/06
Klärung zu formellen Anforderungen einer Betriebskostenabrechnung: Sie muss so gestaltet sein, dass ein Mieter sie nachvollziehen und gegebenenfalls Einwände erheben kann. - BGH, Urteil vom 20.01.2016 – VIII ZR 93/15
Präzisierung, welche Angaben eine formell korrekte Abrechnung enthalten muss und inwieweit sich Mieter*innen auf die Wirksamkeit der Abrechnung verlassen können.
Diese Urteile verdeutlichen, wie wichtig eine klar verständliche und korrekte Betriebskostenabrechnung ist. Mieter und Vermieter sollten daher genau prüfen, ob alle Anforderungen erfüllt sind.
7. Praktische Tipps für Mieter und Vermieter
- Belegeinsicht: Mieter*innen haben das Recht, die Belege zu den abgerechneten Betriebskosten einzusehen.
- Termine & Fristen: Vermieter*innen sollten die einjährige Abrechnungsfrist unbedingt einhalten.
- Dokumentation: Alle relevanten Unterlagen (Rechnungen, Bankbelege, Schriftverkehr) sollten sorgfältig aufbewahrt werden.
- Kommunikation: Bei Unklarheiten hilft es oft, das direkte Gespräch zu suchen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
- Rechtsberatung: Bei gravierenden Unstimmigkeiten kann die Unterstützung eines Mietervereins, eines Fachanwalts für Mietrecht oder eines Eigentümervereins sinnvoll sein.
Fazit
Die Fälligkeit von Nachzahlungen und Guthaben knüpft im Wesentlichen an den Zugang einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung an. Während für eine Nachforderung nach Ablauf der 12-monatigen Frist in der Regel die Chance verwirkt ist, muss ein Guthaben immer ausgezahlt werden. Auch eine angemessene Prüffrist (häufig 30 Tage) hat sich etabliert. Bei strittigen Punkten – ob in Wohn- oder Gewerbemietverhältnissen – helfen die gesetzlichen Regelungen des BGB, aktuelle BGH-Urteile sowie eine frühzeitige Kommunikation zwischen den Vertragsparteien. Ergänzend ist stets die Verjährungsfrist zu beachten, um keine berechtigten Ansprüche zu verlieren.