Darf ich wegen der "Sonntagsruhe" keine Fenster putzen?

Ganz so schlimm ist es sicher nicht. In der heutigen Zeit mit ihrem 24/7 Angebot muten manche Bestimmungen jedoch wie Relikte aus einer lang zurückliegenden Zeit an und schon so einige Mieter und Eigentümer waren überrascht, als Polizei oder Ordnungsamt an einem Sonntag um 16:00 Uhr vor der Tür standen, um das Fensterputzen oder den Neuanstrich des Gartenzauns zu untersagen. Sie hatten dann zum ersten mal Bekanntschaft mit der "Sonntagsruhe" gemacht, genauer gesagt mit dem Gesetz über Sonn- und Feiertage kurz FTG (Feiertagsgesetz), das in jedem Bundesland etwas anders geregelt ist.

 

freundinnen sonntagsausflugDrei Freundinnen auf einem Sonntagsausflug. Die Sonntagsruhe ist grundgesetzlich geschützt (Art. 140 Grundgesetz). Bild von silviarita auf pixabay.com

 

Vergleichen wir zum Beispiel die Bundesländer Schleswig-Holstein und Bayern. Im FTG Schleswig-Holsteins steht in § 3 Absatz 2 "Öffentlich bemerkbare Handlungen, die dem Wesen der Sonn- und Feiertage widersprechen, sind verboten." Die Betonung liegt auf "öffentlich bemerkbare Handlungen", Stört sich ihr Nachbar also an ihrem sonntäglichen Neuanstrich des Gartenzauns, kann er die Polizei bzw. das Ordnungsamt bemühen. Der Norddeutsche hat jedoch Glück, § 4 Absatz 1 Satz 3 des FTG macht eine Ausnahme bei "nicht gewerbsmäßiger Betätigung in Haus und Garten." Ein weites Feld also.

Die Bayern sehen das etwas enger. In Art. 2 Absatz 1 ist vermerkt "An den Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen sind öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen, verboten, soweit auf Grund Gesetzes nichts anderes bestimmt ist." Ausnahmen gibt es auch im bayerischen FTG, jedoch wesentlich enger ausgeführt, wie Absatz 3 Satz 4 zeigt. Hier ist nur von "leichteren Arbeiten in Gärten, die von den Besitzern oder ihren Angehörigen vorgenommen werden" die Rede. Das geht also eher in Richtung Unkraut zupfen.

Nicht nur der Lärm zählt

Die "Sonntagsruhe" hat primär auch nichts mit Lärmentwicklung zu tun obwohl der Lärm natürlich den Löwenanteil der Beschwerdefälle einnimmt. Es geht um Immissionen im weitesten Sinne, zum Beispiel Geräusche, Hitze, Kälte, Licht oder Gerüche. Apropos Gerüche, die sonntägliche Grillparty kann ihnen auch zum Verhängnis werden.

 

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Wo kein Kläger, da kein Richter!

Beschwert sich ihr Nachbar nicht über die Reinigung der Hofzufahrt mit Hilfe eines Hochdruckreinigers oder die Bohrgeräusche aus ihrem Wohnzimmer an einem Sonntag, wird auch nichts passieren. Fühlt er sich jedoch durch den Lärm gestört und informiert das Ordnungsamt, kann ihnen das Amt die Tätigkeiten untersagen. Je nach Schwere der Störung kann es zu einem Bußgeld kommen und darüber können sie sich dann unter dem Stichwort "Ordnungswidrigkeitsverfahren" bei Wikipedia informieren. Wenn es sie interessiert, welchen geschichtlichen Ursprung die "Sonntagsruhe" hat, werden sie hier fündig. 

Abmahnung droht

Oft wird in einem Mietshaus auch der Vermieter oder die Vermieterin informiert. Hier kann es dem Störer passieren, dass ein paar Tage später eine Abmahnung im Briefkasten liegt, in der explizit auf die Hausordnung verwiesen wird. Eine Abmahnung im Mietrecht sollte nicht unterschätzt werden. Sie kann den Weg zu einer Kündigung oder zu einer Unterlassungsklage ebnen.

 

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Die Hausordnung, was darf der Vermieter bestimmen?

Da eine Hausordnung meist nicht individuell vereinbart wird, sondern formularmäßig in der Regel für alle Mieter zur Anwendung kommt, muss sie rechtlich auch Vertragsbestandteil werden. Dies setzt voraus, dass der Mieter tatsächlich die Möglichkeit hat, von der Hausordnung Kenntnis zu nehmen.

 

Urteile

Unpünktliche Mietzahlungen vom Sozialamt

Für den Schlendrian eines Sozialamts kann ein Hartz IV-Empfänger nicht verantwortlich gemacht werden. Auch wenn dieses regelmäßig die Miete an den Vermieter unpünktlich überweist, kann dem Mieter nicht einfach fristlos gekündigt werden. Denn dieser ist nicht für die Versäumnisse des Amtes verantwortlich zu machen, entschied nach Angaben des Immobilienportals Immowelt.de der Bundesgerichtshof (BGH; Az.: VIII ZR 64/09). Im verhandelten Fall übernahm das Jobcenter die Wohnkosten für einen Mieter, überwies die Miete jedoch nicht, wie vertraglich vorgesehen, jeweils am dritten Werktag eines Monats, sondern immer ein paar Tage später. Der Vermieter pochte aber auf eine absolut pünktliche Zahlung und kündigte seinem Mieter fristlos, nachdem die Miete mehrere Monate lang zu spät überwiesen wurde. Zu Unrecht, wie der BGH entschied: Der Mieter muss sich nicht das Verschulden des Jobcenters zurechnen lassen und darf weiter in der Wohnung bleiben (BGH; Az.: VIII ZR 64/09).